Altmaier und die dicken Bretter

Meinung · Dem neuen Umweltminister Peter Altmaier bleibt keine Zeit zum Einarbeiten. Gestern erst gab ihm Bundespräsident Joachim Gauck mit auf den Weg, das Wort vom Bohren dicker Bretter treffe selten so deutlich zu wie bei der Energiewende - bereits heute diskutiert Altmeier das schwierige Thema beim Gipfeltreffen der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel

Dem neuen Umweltminister Peter Altmaier bleibt keine Zeit zum Einarbeiten. Gestern erst gab ihm Bundespräsident Joachim Gauck mit auf den Weg, das Wort vom Bohren dicker Bretter treffe selten so deutlich zu wie bei der Energiewende - bereits heute diskutiert Altmeier das schwierige Thema beim Gipfeltreffen der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel.Dabei erreicht das Projekt Energiewende gerade jetzt eine kritische Phase: Die Bundesnetzagentur warnt, dass angesichts der vorgezogenen Abschaltung von sechs Atomkraftwerken eine "kritische Netzsituation" eingetreten sei. Einem Zusammenbruch des Stromnetzes, einem so genannten Blackout, sei Deutschland im vergangenen Winter nur durch Glück entgangen. Und die Lage spitzt sich weiter zu - paradoxerweise durch den massiven Zuwachs bei den erneuerbaren Energien. Denn der bedingt, dass konventionelle Kraftwerke immer seltener am Netz sind. Dadurch lassen sie sich kaum noch rentabel betreiben, was wiederum dazu führt, dass die Energiekonzerne zunehmend Kraftwerke stilllegen. Ein Teufelskreis, denn weil Sonne und Wind nicht zu jeder Zeit verfügbar sind, brauchen wir den konventionellen Kraftwerkspark als Reserve. Er kann und muss immer dann Energie liefern, wenn die Erneuerbaren ausfallen.

Es wird eine von Altmaiers vordringlichsten Aufgaben sein, gemeinsam mit dem Bundeswirtschaftsministerium eine Lösung zu finden. Und damit schließt sich eine der größten Herausforderungen an, die dem Saarländer bevorstehen - er wird den Bürgern klarmachen müssen, dass die Energiewende deutlich teurer wird, als es die Zusatzkosten für Wind- und Sonnenstrom derzeit glauben machen. Viele Baustellen sind dort bisher kaum eingepreist. Sei es das möglicherweise teure Vorhalten von Reserve-Kraftwerken, sei es der überfällige Netzausbau. Schon diese beiden Posten könnten den Strompreis weit mehr als nur ein paar Prozent nach oben treiben.

Norbert Röttgen schob als Umweltminister die Energiewende zwar kräftig an, faktisch ist diese aber immer noch eine Großbaustelle. Und das nicht nur beim Leitungsnetz, wo es bei 18 der 24 wichtigsten Ausbauprojekte Verzögerungen von bis zu fünf Jahren gibt. Auch der Zubau der teuren Photovoltaik muss stärker gesteuert werden. Vor allem aber wird Altmaier über die Grenzen hinweg für die Energiewende werben müssen. Denn auch das zeigt die Analyse der Bundesnetzagentur: Ein deutscher Alleingang wird teuer und gefährdet die stabile Stromversorgung. Wenn es nicht gelingt, auch die europäischen Nachbarn zum Umdenken zu bewegen, droht die Energiewende zu scheitern. In Europa sind die dicksten Bretter zu bohren.

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