Absolutismus in Ungarn

Meinung · Was in Ungarn geschieht, kann Europa nicht egal sein. Regierungschef Viktor Orban nutzt seine Zweidrittelmehrheit, um das Land in fast absolutistischer Weise umzubauen. Demokratie sieht anders aus. Nun hat Brüssel sich zwar normalerweise aus inneren Angelegenheiten der Mitgliedstaaten herauszuhalten

Was in Ungarn geschieht, kann Europa nicht egal sein. Regierungschef Viktor Orban nutzt seine Zweidrittelmehrheit, um das Land in fast absolutistischer Weise umzubauen. Demokratie sieht anders aus. Nun hat Brüssel sich zwar normalerweise aus inneren Angelegenheiten der Mitgliedstaaten herauszuhalten. Aber Menschenrechte und grundlegende demokratische Spielregeln sind in der EU keine innere Angelegenheit der Staaten mehr. Die EU-Familie muss sich sehr wohl zu Wort zu melden, wenn Länder auf Abwege geraten und eherne Grundsätze der Union verletzen. Und dies war bei der Änderung des ungarischen Mediengesetzes so, die die Pressefreiheit einschränkte. Das ist so beim offenen Angriff auf die Unabhängigkeit der Justiz in der neuen Verfassung. Und das ist bei der Quasi-Entmachtung des Präsidenten der Notenbank in Budapest nicht anders. Die Frage, ob Ungarn EU-reif ist, liegt auf der Hand. Die Antwort auch: sicherlich nicht.Die EU hat viele Fehler gemacht, als man glaubte, die Union um jeden Preis erweitern zu müssen, und dabei übersah, dass die politischen Werte, die in den westlichen Mitgliedstaaten über Jahrzehnte gereift sind, bei einigen östlichen Nachbarn noch infrage gestellt wurden. Mehr noch: Ein ums andere Mal hat sich die Union in einen Beitrittsautomatismus hineindrängen lassen, der keinem wirklich diente. Das Fazit ist bedrückend: Die EU hat sich ungelöste nationale Probleme in die eigenen Reihen geholt. Dass die übrigen Mitglieder der Union Rumänien und Bulgarien so wenig über den Weg trauen, dass deren Aufnahme in die Schengen-Zone immer wieder verschoben wurde, spricht Bände. Der grassierende Nationalismus in Tschechien und der Slowakei macht Sorgen. Warum man vor dem Hintergrund dieser Ereignisse bereits mit offenen Armen auf Serbien, Albanien, das Kosovo und Montenegro wartet, ist nicht nachvollziehbar. Vielleicht muss man wieder klar machen, dass jene, die der europäischen Familie angehören und ihre finanziellen Wohltaten genießen wollen, ihre Probleme vorher lösen müssen, nicht hinterher.

Ungarn ist ein besonders harter Brocken, weil Ministerpräsident Orban Zusagen gegenüber Europa hemmungslos bricht und Instrumente aus roter Vorzeit hervorholt. Dass er sich dabei auf eine satte Mehrheit stützen kann, ist zwar richtig, macht aber seine Politik nicht besser. Brüssels einzige Waffe im Kampf gegen den allmächtigen Herrscher von Budapest wird dessen Finanzknappheit sein. Deshalb muss für alle Helfer wie den Internationalen Währungsfonds, die Europäische Zentralbank oder die EU-Kommission klar sein: Geld gibt es nur gegen unwiderrufliche demokratische Reformen. Orban muss zurückstecken, ob er will oder nicht.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort