Absolute Sicherheit ist nicht möglich – aber mehr

Berlin/Saarbrücken · Wären die Anlässe nicht so traurig und verstörend, könnte man bei der aktuellen Sicherheitsdebatte in Deutschland flapsig von altem Wein in neuen Schläuchen sprechen. Ein Einsatz der Bundeswehr im Innern? Alles schon gehabt. Mehr Polizei auf den Straßen? Regelmäßig in den Schlagzeilen. Verschärfte Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber? Auch längst da gewesen. Als politische Beschäftigungstherapie sollte die aktuelle Diskussion trotzdem nicht abgetan werden. Schließlich geht es dabei auch um sehr brauchbare Vorschläge, die angesichts der jüngsten Bluttaten in Bayern endlich auch umgesetzt gehören.

Dazu zählt zuallererst eine Sicherheitsüberprüfung jedes nach Deutschland kommenden Flüchtlings. Selbst wenn sich Terrorakte auch dadurch nicht ausschließen lassen, so entspricht es zweifellos dem gesunden Menschenverstand, wenn der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU ) feststellt, man müsse wissen, wer im Land sei. Schon weil die Flüchtlingsströme nach Deutschland im Vergleich zum vergangenen Herbst deutlich nachgelassen haben, sollte die Aufgabe organisatorisch und administrativ zu bewältigen sein. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Abschiebepraxis der Bundesländer. Zwar wurden die entsprechenden Bestimmungen zuletzt merklich verschärft. So sind beispielsweise ärztliche Atteste kein universeller Freibrief mehr, um trotz eines abgelehnten Asylantrags in Deutschland zu bleiben. Überhaupt wurden die Grundlagen zur Erstellung solcher Krankschreibungen enger gefasst und vereinheitlicht. Doch offenbar sind die Neuregelungen in den Bundesländern noch kein Allgemeingut.

Eine Handhabe, den syrischen Rucksack-Attentäter von Ansbach frühzeitig abzuschieben, hätte es vor diesem Hintergrund wohl gegeben. Der Bundesinnminister sollte auf ein Treffen mit seinen Länderkollegen drängen, um solche Defizite endlich zu beseitigen. Klar sein muss allerdings auch, dass Abschiebungen schon aus humanitären Gründen an Grenzen stoßen. Eine Ausweisung in Kriegsgebiete wäre ein klarer Verstoß gegen die Menschenrechtskonvention.

Ein typischer Schnellschuss und obendrein gänzlich unsinnig ist indes der Gedanke, eine Truppe aus Reservisten als Hilfspolizei aufstellen zu wollen. Freiwillige und Rentner im Anti-Terror-Kampf - das ist ungefähr so absurd wie einen Hilfsschüler mit der Gastprofessur an einer Uni zu betrauen. Zum Schutz vor Islamisten braucht es Profis und keine Amateure. Mit der geplanten Spezialeinheit gegen größere terroristische Bedrohungen, die in Ergänzung zur legendären GSG 9 zum Einsatz käme, ist die Bundesregierung hier bereits auf gutem Weg. Damit erübrigt sich letztlich auch die Forderung nach Bundeswehreinsätzen im Innern, wie sie gestern wieder vom saarländischen Innenminister Klaus Bouillon (CDU ), dem aktuellen Vorsitzenden der Innenministerkonferenz der Länder, vor Journalisten erhoben wurde.

Unter dem Eindruck der weltweiten Terror-Offensive ist in Deutschland zuletzt viel für die innere Sicherheit getan worden. Das heißt aber nicht, dass die Regierungen von Bund und Ländern die Hände in den Schoß legen könnten. Der vernünftige Hinweis darauf, dass es in einer Demokratie niemals absolute Sicherheit geben kann, darf kein politisches Ruhekissen sein.

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