Enthüllungsbuch über Donald Trump Ein Präsident, der nichts von der Welt weiß

Washington „Danke, Herr Präsident“, twitterte Michael Wolff, Autor eines Buches, das Washington seit Tagen in Atem hält, als die Würfel gefallen waren. So heftig das Weiße Haus gegen den vermeintlichen Verriss protestierte, so ungerührt zeigte sich der Verlag, bei dem „Fire and Fury: Inside the Trump White House“ (etwa: „Feuer und Raserei – im Innern von Trumps Weißem Haus“) erscheinen sollte. Statt am Dienstag, wie ursprünglich geplant, kam der Titel bereits am Freitag auf den Markt. Ein Titel, der es auf Anhieb an die Spitze der Bestsellerlisten schaffte. Wolff, einem Journalisten, dessen bislang ertragreichstes Buch vom Pressemagnaten Rupert Murdoch handelt, verhilft allein schon die Kontroverse zu Ruhm.

Nach Wolffs Beschreibung gründet die Erzählung auf unzähligen Gesprächen, geführt im Laufe von 18 Monaten im innersten Zirkel um den Tycoon, sowohl vor dessen Wahlsieg als auch danach. Am ausführlichsten kommt Steve Bannon zu Wort, zu Beginn der einflussreichste Ratgeber, im August im Zuge eines erbitterten Machtkampfes entlassen. Und bislang hat Bannon keinen der Sätze dementiert, mit denen Wolff ihn zitiert.

Mit Donald Trump, so schildert es der 64-Jährige aus New York, sitzt ein Präsident an der Pennsylvania Avenue, der sich von seinen Vorgängern in vielem unterscheidet, allem voran durch eine überaus kurze Aufmerksamkeitsspanne. Ein Mann, der anderen nicht lange zuhören kann, bei Vorträgen schnell glasige Augen bekommt und sich am liebsten selbst reden hört. Ein Präsident, der endlose Monologe führt und sich dabei häufig wiederholt, während seine Mitarbeiter gut beraten sind, ihn nicht zu unterbrechen – und Kritik allenfalls durch die Blume zu üben, wenn sie denn zu Wort kommen.

War es in vorab veröffentlichten Auszügen um brisante Russlandkontakte des Trump’schen Wahlkampfteams gegangen, so zeichnet das Buch in der Hauptsache das Porträt eines Solisten, der eher seinen Instinkten vertraut als Leuten vom Fach. Von deren Akten ganz zu schweigen.

Trump las nichts, schreibt Wolff über die ersten Wochen im Oval Office, er las nicht mal quer, er las allenfalls Überschriften und Artikel, die sich mit ihm beschäftigten. Manche sprachen von Legasthenie. Andere schlussfolgerten, dass er den Stil bewusst pflege, weil gerade das Nicht-Lesen einen wahren Populisten auszeichne. Jedenfalls drehe sich bei Trump alles ums Fernsehen. Kaum hatte er sich in seinem neuen Domizil einquartiert, ordnete er an, neben dem einen Fernseher, den es in den Privatgemächern bereits gab, zwei weitere aufzustellen. Saß er nicht abends um halb sieben Uhr mit Steve Bannon beim Dinner, dann saß er vor drei Bildschirmen in seinem Bett, aß einen Cheeseburger und telefonierte mit einer kleinen Gruppe von Freunden, auf deren Urteil er Wert legte.

Mit seinen außenpolitischen Ansichten, so Wolff, zähle der US-Oberkommandierende in der Zentrale der US-Macht zu jenen, die am wenigsten über die Welt wissen. Anfangs vermochte sein Umfeld nicht mal zu sagen, ob er Isolationist oder Militarist war und das eine vom anderen unterscheiden konnte. Während der ersten Briefings, bei denen ihm Geheimdienstler die Weltlage erklärten, damals war er noch Kandidat, hätten bei frisch verpflichtetem Personal die Alarmglocken geläutet. „Trump schien nicht in der Lage zu sein, Informationen Dritter aufzunehmen. Oder vielleicht fehlte ihm einfach das Interesse“, fasst Wolff die Defizite zusammen.

Dann wäre da noch Trumps Vorliebe für Generäle, die ihn früh entschieden ließ, dass Leute mit militärischer Erfahrung seine Außenpolitik bestimmen sollten. „Nur hasste er es, wenn sie ihm sagten, was er tun soll.“

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