Simbabwes Militär stellt Mugabe kalt Vom Freiheitskämpfer zum brutalen Herrscher

HARARE (epd/dpa) Nur Gott könne ihn abwählen, betonte Simbabwes Langzeitherrscher Robert Mugabe gerne. Er habe den Auftrag, seinem Land zu dienen bis zum Ende. Aller Kritik an seiner skrupellosen Amtsführung trotzte er, lange auch allen internen Machtkämpfen. Zuletzt schien Simbabwe den greisen Autokraten, der bei Auftritten nur noch schlecht zu verstehen war und schon mal die falsche Rede hielt, einfach auszusitzen – doch dann verkalkulierte sich der 93-Jährige ausgerechnet im Poker um seine Nachfolge.

Über Nacht wurde ihm vom Militär das Heft des Handelns aus der Hand gerissen. Der Versuch, seine um mehr als 40 Jahre jüngere und wegen ihrer Shopping-Allüren im Volk verhasste Ehefrau Grace als Nachfolgerin zu installieren, kostet ihn wohl sein Amt. Nun muss er hoffen, sich und seiner Familie zumindest noch einen Abtritt mit der Zusicherung von Straffreiheit oder einen Weggang ins Exil zu sichern.

Die allermeisten Simbabwer haben nie einen anderen Präsidenten als Mugabe erlebt. Doch die Erklärung der Putschisten um vier Uhr morgens beendete die Ära mit einem Handstreich. Mugabe wurde unter Hausarrest gestellt, es gibt kein Zurück. „Das Militär hat die Machtstrukturen in Harare jetzt fest im Griff“, meint der Analyst Charles Laurie von der Risikoberatung Verisk Maplecroft. Nun steht das krisengeschüttelte Land im südlichen Afrika wohl vor der größten Zäsur seit der Unabhängigkeit von Großbritannien im Jahr 1980. Die Frage ist: Was kommt nach Mugabe?

Am Dienstagabend waren die Soldaten noch diskret in die Hauptstadt Harare vorgedrungen, am Mittwoch hatten sie bereits Parlament, Präsidialamt und andere wichtige Regierungsgebäude umstellt. Soldaten kontrollierten auch wichtige Verkehrsknotenpunkte. Doch die Putsch-Generäle beteuern, sie wollten die Macht nur zeitweise behalten, um „Verbrecher“ in Mugabes Umfeld auszusortieren, die dem Land schadeten. Experten vermuten, dass damit vor allem jene gemeint sind, die sich für die impulsive First Lady mit einer Vorliebe für Designerklamotten als nächste Präsidentin einsetzten.

Relativ klar scheint auch, wen die Streitkräfte unterstützen: Den vergangene Woche geschassten Vizepräsidenten Emmerson Mnangagwa, der lange als Nachfolger Mugabes gehandelt wurde. Der 75-Jährige, der nur unter dem Spitznamen „das Krokodil“ bekannt ist, ist eine Figur des Establishments, er gilt als Hardliner. Sein Hintergrund als früherer Geheimdienstchef und seine fragwürdige Menschenrechtsbilanz „bedeuten, dass Simbabwes Zukunft in einer gefährlichen Situation ist“, so Laurie. Eine lange Herrschaft des Militärs gilt als weniger wahrscheinlich, zumal die Streitkräfte in Simbabwe sehr nahe an der Regierungspartei Zanu-PF angegliedert sind. Das Militär könnte seine neue Machtposition aber nutzen, um Mugabe zu zwingen, Mnangagwa wieder als Vizepräsidenten einzusetzen und selbst zurückzutreten.

Doch was wird dann aus dem Mugabe-Clan? Selbst die Generäle, die ihn abgesetzt haben, verehren ihn immer noch als den Kämpfer, der Simbabwe 1980 vom Joch der weißen Minderheitsregierung befreit hat. Daher gilt es als wahrscheinlich, dass sie ihn schonend behandeln werden – solange er den Weg für eine Erneuerung freimacht.

Zuletzt machte Mugabe vor allem mit seinem Hang zum Größenwahn in dem verarmten Land Schlagzeilen, in dem die Arbeitslosigkeit bei über 90 Prozent liegt. Zu seinem 93. Geburtstag mit tausenden Gästen gab es ein verschwenderisches Festessen, was angesichts der Nahrungsmittelknappheit für heftige Kritik sorgte. Die Kosten für die tagelangen Feierlichkeiten wurden auf eine Million Dollar geschätzt.

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