Berlusconi versucht Comeback Der „Bunga Bunga“-König will Italiens Retter werden

Rom (dpa) Silvio Berlusconi bringt sich schon mal auf der Autobahnraststätte in Wahlkampf-Form. Zwischen Schokolade, Gummibärchen und Salami posierte der mittlerweile fast 81-Jährige unlängst für sein hauseigenes Klatschmagazin „Chi“. Nach einem Gymnastikprogramm und einer Obst- und Gemüse-Diät sei er nun „fit für den neuen Wahlkampf“, schreibt die Zeitschrift zu den Bildern des grinsenden Multimillionärs. Sechs Jahre nach dem Ende seiner skandalgeprägten Amtszeiten als Ministerpräsident plant Berlusconi ein Comeback bei den nächsten Wahlen. „Seine Überlebenskünste sind phänomenal, ich würde sagen, es gibt keinen Politiker wie ihn in Italien“, sagt Wolfango Piccoli vom Think Tank Teneo. Zwar kann Berlusconi nicht für das Amt des Regierungschefs kandidieren: Nach einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung darf er bis 2019 keine politischen Ämter halten – außer er kommt vorher mit einer Klage vor dem Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg durch. Gleichwohl sieht sich der Chef der konservativen Partei Forza Italia als Strippenzieher für die nächste Regierung. „Ich rieche den Duft des Sieges bei den nächsten Wahlen“, schrieb er auf Facebook. „Immer mehr Italiener bitten mich, die Dinge zu ändern, die in unserem Land nicht funktionieren.“ Berlusconi gibt sich neuerdings als seriöser Staatsmann – trotz „Bunga Bunga“-Sexskandalen, jahrelangen Kämpfen mit der Justiz, Verurteilungen und peinlichen Ausrutschern auf dem internationalen Parkett. Haben die Italiener ihm verziehen? Vergessen, dass es auch Berlusconi war, der Italien fast in die Staatskrise geführt hatte?

 Silvio Berlusconi, 80 Jahre alt, bereitet sein politisches Comeback vor.

Silvio Berlusconi, 80 Jahre alt, bereitet sein politisches Comeback vor.

Foto: dpa/epa ansa Brambatti

Optimistisch ist der Mailänder Medien-Millionär nun vor allem nach erfolgreichen Kommunalwahlen für die rechts-konservativen Parteien. Im Frühjahr 2018 müssen spätestens Parlamentswahlen stattfinden. Bisher ist die Lage verworren: Einen Termin für die Wahl gibt es noch nicht. Ebenso wenig ein Wahlgesetz. Für die sozialdemokratische Regierungspartei will wieder Matteo Renzi antreten, der bei einem Referendum vor einem Dreivierteljahr gestürzt war und bisher keinen Boden gut machen konnte. Die europakritische Fünf-Sterne-Partei liegt in Umfragen zwar etwa gleichauf. Mit ihrer Bürgermeisterin in Rom, Virginia Raggi, liefert sie allerdings auch nicht wirklich einen Beweis für Regierungstauglichkeit. Laut Umfragen deutet viel auf eine Koalitionsregierung hin.

Dass das rechtskonservative Lager an Boden gewinne, liege „zum großen Teil an der Arbeit des ewigen Überlebenden der italienischen Politik, Silvio Berlusconi“, erklären die Experten von Teneo. „Indem er sich als liberale und moderate Alternative mit Erfahrung präsentiert, versucht er, der Königsmacher nach den Wahlen zu werden.“ Sowohl ein Pakt mit den derzeit regierenden Sozialdemokraten als auch mit ausländerfeindlichen Parteien wie der Lega Nord oder den Fratelli d‘Italia ist im Gespräch – die Forza kommt derzeit in Umfragen auf etwa 14 Prozent. Angesichts der Flüchtlingskrise in Italien könnte Berlusconi bei einer Allianz mit der Lega Nord mit einer harten Linie bei den Wählern am rechten Rand punkten.

Berlusconi sei die „Schlüsselfigur, die verhindern kann, dass die Populisten in Italien die Macht ergreifen“, sagte jüngst gar EU-Parlamentspräsident und Berlusconi-Freund Antonio Tajani, der als Berlusconis Nachfolger im Gespräch ist. Ein anderes Fazit zieht Giovanni Orsina von der römischen Luiss-Universität: „Es ist ein Zeichen dafür, zu was die italienische Politik geschrumpft ist, wenn ein fast 81-jähriger Mann, der mit allen möglichen Dingen zu tun hatte, nun als die beste Wahl angesehen wird.“

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