Handel mit Deutschland Chinas Charme-Offensive ist handfestes Machtkalkül

Ein Batteriezellen-Werk in Thüringen, die Wiederaufnahme der Importe von deutschem Geflügel und jede Menge diplomatische Artigkeiten: Chinas Charme-Offensive in Richtung Berlin ist schon bemerkenswert.

Handel mit Deutschland: Chinas Charme-Offensive  ist handfestes Machtkalkül
Foto: SZ/Robby Lorenz

Und für Angela Merkel sicher auch ein politischer Lichtblick nach all den schrillen Tönen aus Washington und deftigen Zumutungen aus München.

Aber es geht natürlich nicht darum, eine geschwächte Kanzlerin glücklich zu machen. Es geht um handfeste chinesische Machtinteressen. Und auch darum, sich europäisch nicht auseinanderdividieren zu lassen. Seit sich Peking mit Zöllen „Made in USA“ konfrontiert sieht, sucht es nach neuen Verbündeten. Da trifft es sich gut, dass der fernöstliche Riese inzwischen zum größten Handelspartner Deutschlands aufgestiegen ist.

Mehr als 5000 deutsche Firmen sind im „Reich der Mitte“ engagiert. Jeder fünfte produzierte Mercedes wird inzwischen dort verkauft. Vor diesem Hintergrund gibt es natürlich viele gemeinsame Interessen – aber auch weiter fundamentale Unterschiede, die nicht unter den Teppich gekehrt werden können.

Unfreiwillige Technologietransfers, Diebstahl geistigen Eigentums und ein Marktzugang mit vielen Hindernissen gehören gewissermaßen zum Handwerkszeug chinesischer Handelspolitik. Hinzu kommen Behördenwillkür und ein politisches System, in dem nicht die Stärke des Rechts zählt, sondern das Recht des Stärkeren. Und der Stärkere ist im Zweifel immer die Kommunistische Partei Chinas. Auch deutsche Firmen bekommen das natürlich zu spüren. Zwar gibt es gewisse Fortschritte wie zum Beispiel die angekündigte Lockerung des Zwangs für ausländische Unternehmen, sich mit einheimischen Firmen zusammentun zu müssen, um überhaupt in China zu produzieren. Aber von einem freien Handel, als dessen Gralshüter sich Peking neuerdings rühmt, ist man immer noch Lichtjahre entfernt.

Gleichwohl ist es Donald Trump, der der Welt offen den Handelskrieg erklärt. Strafzölle und Gegenzölle drohen sich immer weiter hochzuschaukeln. Wenn der US-Präsident den Protektionismus Chinas geißelt, dann ist ihm allerdings zuzustimmen. Schon deshalb kann die Lösung nicht darin bestehen, dass sich Deutschland und China fortan gegen die USA verbünden. Vielmehr muss Peking dazu gedrängt werden, selbst seine handelspolitischen Restriktionen fallen zu lassen, um ein Signal auch an Washington zu setzen, dass Abschottung kein Allheilmittel ist. Die Chancen dafür stehen insofern nicht schlecht, als der europäische Absatzmarkt für China zwangsläufig an Bedeutung gewinnt, wenn sich die USA immer weiter abschotten.

Deutsches Engagement allein reicht dafür nicht aus. Vielmehr muss Europa hier endlich an einem Strang ziehen. Das gilt insbesondere für die osteuropäischen Länder, die Chinas Ministerpräsident Li Keqiang unmittelbar vor seinem Berlin-Besuch mit weiteren Investitionen zu umgarnen suchte. Auch das entspricht dem Machtkalkül Pekings.

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