120 Tage bis zum Finale im Atomstreit

Wien · Die Uhr läuft. Die Verhandler im Atomstreit mit dem Iran haben sich eine letzte Frist bis zum 24.

November gegeben. "Die schmerzhafte und schwierige Arbeit beginnt jetzt erst richtig", sagte ein hoher US-Beamter. Im Vertragsentwurf sind noch viele Lücken, viele technische Details zwischen dem Iran und der 5+1-Gruppe (USA, Russland, China, Großbritannien, Frankreich und Deutschland) zu klären.

In den bisher sechsmonatigen Verhandlungen wurde klar: Der Iran muss deutliche Abstriche an seiner Fähigkeit machen, Uran anzureichern. Ein Einfrieren der bisherigen Kapazitäten wird aus Sicht der 5+1-Gruppe nicht ausreichen. Dazu ist die Sorge der Welt vor einer Atombombe in Teheran zu groß. Aber es herrscht auch Zuversicht, dass der Konflikt - eine der großen Baustellen der Weltpolitik - gelöst werden kann. Intensiv und konstruktiv wie nie war in der sechsten Runde der Wiener Atomgespräche bis zum Samstag verhandelt worden. Plötzlich lagen "kreative Vorschläge" auf dem Tisch, hieß es von Teilnehmern. Zu wenig für einen Durchbruch, genug für eine reelle Aussicht. Dazu gehört die Bereitschaft des Irans, sein auf 20 Prozent angereichertes Uran in eine Form umzuwandeln, die es nicht mehr waffentauglich macht. Auch eine große Menge an niedrig-angereichertem Uran wird verdünnt. Dabei bleiben die schmerzhaften Sanktionen gegen den Iran auch in den nächsten Monaten in Kraft.

Lediglich auf rund zwei Milliarden Euro seiner eingefrorenen Gelder kann Teheran in dieser Zeit zugreifen. Mehr als 100 Milliarden Dollar seines Vermögens bleiben zunächst außer Reichweite. Der Druck auf den islamischen Staat, sich auf einen Deal einzulassen, bleibt hoch - auch weil es Washington gelungen ist, eine Umgehung der Handelsbeschränkungen international zu verhindern. Knackpunkt war bis zuletzt das Ausmaß und die Fähigkeit des Irans zur Uran-Anreicherung. Teheran besteht darauf, sein Kraftwerk in Buschehr und geplante weitere Nuklearanlagen langfristig selbst mit Brennstoff zu versorgen. Die internationale Gemeinschaft möchte die technische Infrastruktur so zuschneiden, dass der Bau einer Atombombe möglichst lange dauern würde, sollte der Iran aus dem Vertrag ausbrechen. Mindestens ein Jahr gilt dabei als Ziel.

Deshalb ist die Zahl der für die Anreicherung nötigen Zentrifugen so kontrovers. Nach eigenen Angaben hat der Iran derzeit rund 20 000 Zentrifugen, davon 10 000 im Einsatz. Die meisten davon sind Jahrzehnte alt und nicht sehr leistungsfähig. Angeblich will der Iran bis zu 50 000 Zentrifugen installieren, der Westen will nur wenige Tausend erlauben. Als Lösung stand zuletzt im Raum, Iran den Zugang zu leistungsfähigeren Maschinen neueren Baujahrs zu ermöglichen. Auch der im Bau befindliche Reaktor in Arak, dessen Plutonium der "zweite Weg" zu einer Bombe sein könnte, muss wohl massiv modifiziert werden.

Die Voraussetzungen, den Konflikt beizulegen und den Iran aus seiner Isolation zu führen, bleiben so gut wie lange nicht. Ein Vertrag, dessen Laufzeit zu den weiteren Problemen gehört, wird eine Fülle von "technischen Anhängen" haben und dem Iran nicht das sofortige Ende aller Sanktionen, sondern ihre schrittweise Aufhebung versprechen, soviel scheint sicher. Sollte ein Abschluss gelingen, wäre er ein Meilenstein in den Beziehungen zwischen dem Iran und den USA.

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