Suche nach neuer Parteispitze Schaulaufen um den Vorsitz hilft der SPD kaum

Das Schaulaufen um den SPD-Vorsitz hat am Mittwochabend in Saarbrücken begonnen. Der Prozess rollt. Freilich tut sich die Partei mit dem gewählten Verfahren keinen Gefallen. Nichts gegen Basisdebatten und Mitgliederentscheide, nichts gegen Doppelspitzen und Regionalkonferenzen.

Zu viele Regionalkonferenzen der Kandidaten für die SPD-Spitze
Foto: SZ/Roby Lorenz

Das wirkt alles für SPD-Verhältnisse sehr erfrischend. Ist aber nicht durchdacht.

Zum einen, weil sich mitten in einer wichtigen Phase der Politik – Stichworte Brexit, Klimaschutzpaket, Grundrente, Konjunkturkrise – eine Regierungspartei nun fast komplett mit sich selbst beschäftigt. Die Union hat bis Dezember auf Parteiebene keinen echten Verhandlungspartner mehr. Vizekanzler Olaf Scholz ist selbst Kandidat, und die kommissarische Parteiführung hat keine echte Legitimation. Die aber braucht man, wenn man in einer Koalition hoch pokern will.

Der zweite Punkt ist der Umfang des internen Wahlkampfes. Bei aller Liebe, aber 23 Regionalkonferenzen in etwas mehr als vier Wochen, auf denen sich nun 15 Kandidaten in jeweils zweieinhalb Stunden vorstellen sollen, das ist wie Speed-Dating. Jeder Bewerber hat unter dem Strich gerade mal rund fünf bis acht Minuten Redezeit. Tiefgang ist da nicht drin. Das war in Saarbrücken, wo es noch 17 Bewerber waren, zwar durchaus unterhaltsam. Aber bald schon wird sich das Format abnutzen, das öffentliche Interesse erlahmen.

Zudem zwingen die Regionalkonferenzen zu Vereinfachungen. Irgendwie müssen sich die Bewerber-Paare voneinander absetzen, es geht um den Applaus im Saal. So rücken einfache Ja-Nein-Themen wie Groko, Schwarze Null oder Vermögenssteuer über Gebühr in den Vordergrund. Wer den größten Applaus im Saal bekommt, muss jedoch nicht der Beste für die vielen Parteimitglieder sein, die an den Veranstaltungen nicht teilnehmen, geschweige denn für das Wahlvolk. Bestes Beispiel: Ralf Stegner, einer der Saalsieger von Saarbrücken.

Wie die SPD die Doppelspitze angeht, ist zudem ein großes Missverständnis. Richtig wäre es gewesen, einen Mann und eine Frau getrennt zu wählen, damit dann zwei Vorsitzende mit jeweils eigener Macht gemeinsam agieren können. Auch damit jeder unabhängig vom Partner Autorität hat, und zwar selbst dann noch, wenn der zum Beispiel aus Gesundheitsgründen vorzeitig abtreten muss. Ein solches Verfahren könnte auch dafür sorgen, dass die unterschiedlichen Richtungen der Partei in der Führung repräsentiert sind. Bei der SPD treten aber nur Pärchen an, die sich vorher gefunden haben, die also strömungspolitisch einer Richtung angehören, und bei denen fast immer einer (oder eine) der Stärkere und der andere eher nur Beiwerk ist. Mit Ausnahme von Olaf Scholz kommen fast alle Bewerber zudem nur aus der zweiten und dritten Reihe der Politik.

Es ist sehr fraglich, ob die aufwendige Vorsitzsuche so zu einer Lösung führen kann, die die Partei auf längere Sicht nach innen beruhigt und nach außen wieder auf die Erfolgsspur bringt.

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