Umfrage zu einheitlichen Abiprüfungen Ein Zentralabitur bringt mehr Gerechtigkeit

Das Abitur ist eine Eintrittskarte für die Hochschule. Nur kann man sich nicht einfach den Platz aussuchen. Es ist wie mit Tickets für ein Konzert. Je teurer die Karten, desto besser der Platz.

 Volker Meyer zu Tittingsdorf

Volker Meyer zu Tittingsdorf

Foto: SZ/Robby Lorenz

Beim Abitur zählen die Noten. Je besser der Notenschnitt, desto leichter können Schüler einen Studienplatz im gewünschten Fach ergattern. Das erklärt die Leidenschaft, mit der die Debatte um bundeseinheitliche Abiturprüfungen geführt wird. Schließlich will nicht einleuchten, dass Schüler in Thüringen gegenüber Abiturienten aus anderen Ländern einen Vorteil beim Uni-Zugang haben, weil sie eher bessere Noten bekommen. Das empfinden nicht nur Eltern als Ungerechtigkeit, wie eine aktuelle Umfrage zeigt. Vier von fünf Bundesbürgern sprechen sich dafür aus, dass Abiturienten in ganz Deutschland die gleichen Prüfungsaufgaben zu lösen haben. Dann, so die Hoffnung, hätte man vergleichbare Abschlüsse und mehr Gerechtigkeit bei den Chancen, in begehrten Fächern einen Studienplatz zu bekommen.

In der Tat könnte ein Zentral­abi dabei helfen, Chancengleichheit zu befördern. Die Länder und die Schulen wären gezwungen, stärker gemeinsame Standards für den Weg zum Abitur zu entwickeln und die nötigen Kompetenzen zu vermitteln. Dann wäre allerdings die Länderhoheit bei der Bildung beschnitten. Eine Änderung des Grundgesetzes wäre nötig. Dafür dürfte es keine Mehrheit geben. Aus Bayern kam denn auch sofort Protest: Man wolle die beste Bildung und keinen deutschen Durchschnitt. Richtig ist daran, dass ein Zentralabitur nicht zu einheitlich niedrigeren Anforderungen führen darf. Ziel muss ein deutschlandweit hohes Niveau sein.

Dazu trägt übrigens nicht, wie von Landespolitikern gerne angeführt, ein Wettbewerb der Länder bei. Aus Elternsicht ist dies Unsinn. Eltern und ihre Kinder können sich Bildungswege ja nicht nach Bundesländern aussuchen wie Produkte im Supermarkt. Sie können nur zwischen Schulen an ihrem Wohnort wählen. Echten Wettbewerb kann es also nur zwischen diesen Schulen geben. Sie können bei Eltern und deren Kindern damit punkten, dass sie besonders gut aufs Abitur vorbereiten. Schule ist im Übrigen nicht dazu da, dass sich Landesbildungsminister brüsten können. Nicht Bayern oder Sachsen soll spitze sein. Es geht um die bestmögliche Bildung für alle Schüler in Deutschland.

Gleichwohl wäre ein deutschlandweites Zentralabi kein Garant für Gerechtigkeit. Ein Großteil der Abiturnote kommt durch die Leistungen in der ganzen Oberstufe zustande. Diese Noten hängen außer vom einzelnen Schüler wesentlich von der Qualität der Schule, der Lehrer, des Unterrichts und von dem Miteinander in den Klassen ab. Hier lässt sich keine Einheitlichkeit zentral verordnen. Ungerechtigkeiten sind unvermeidlich.

Wenn alle Abiturienten die entsprechend ihrer Begabung und ihres Fleißes beste Eintrittskarte fürs Studium bekommen sollen, können die Länder auch bei Einführung eines Zentralabiturs viel tun: nämlich in die Qualtität ihrer Schulen und in die Ausbildung ihrer Lehrer investieren.

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