Arbeitskammerbericht zur Kultur Das Saarland braucht mehr „kulturelle Bildung“

Bislang wurde die Kultur in den Jahresberichten der Arbeitskammer eher wie ein notwendiges Übel behandelt, über das man auch noch ein paar Zeilen verlieren muss. Diesmal hat man sie endlich einmal ins Zentrum gerückt. Das hat durchaus Signalcharakter. Wird damit doch ein politisches Hinterbänkler-Thema ins Rampenlicht gezogen. Zu Recht. Kultur ist kein Sahnehäubchen, sondern ein wesentlicher Bestandteil heutiger Grundversorgung. Und längst auch ein wirtschaftlicher Standortfaktor.

Dass die 250-seitige Bestandsaufnahme unterm Strich wenig Neues bietet, kann nicht überraschen. Die saarländische Kulturpolitik tritt seit langem auf der Stelle und setzt nur äußerst sparsam Akzente – auch aufgrund der minimalen finanziellen Spielräume. Doch auch die Forderungen der Kammer sind vielfach alte Hüte. Dass man nun vom Land wieder einen Kulturentwicklungsplan unter Beteiligung der Kommunen anmahnt, ist genauso ein Evergreen wie die Rüge, das ein umfassendes Industriekultur-Konzept weiter fehlt. Oder die rituelle und angesichts leerer Kassen illusionäre Forderung, Kulturpflege zur kommunalen Pflichtaufgabe zu machen. Nein, das Hauptverdienst ihres Zustandsbildes ist der aufgezeigte, unbestreitbare Zusammenhang zwischen den sozialen Verhältnissen und der Nutzung kultureller Angebote. Er zieht sich als roter Faden durch diese 250 Seiten. Tatsächlich entscheidet heute in vielen Fällen die soziale Herkunft über kulturelle Teilhabe. Wo das Elternhaus diese nicht anbahnt, stehen die Bildungseinrichtungen umso mehr in der Verantwortung. Weshalb die Arbeitskammer nicht nur die Einführung eines Sozialpasses (zwecks Abbau finanzieller Hürden) fordert, sondern auch eine Ausweitung der kulturellen Bildung in Kitas und ein Ende des fachfremden Unterrichts in musisch-kulturellen Fächern. Klar ist: Wer mehr soziale Gerechtigkeit will, muss mehr Geld und Personal für kulturelle Bildung bereitstellen. Nur: Dass die Landesregierung die Lage der sozial und kulturell Deklassierten vorrangig im Blick hätte, lässt sich nun wahrlich nicht erkennen.

Zündstoff bietet die eher unter ferner liefen auftauchende Forderung der Arbeitskammer, das sogenannte „Sportachtel“ zugunsten der Kulturförderung zu reduzieren. Bislang schüttet Saartoto 12,5 Prozent seiner Erlöse an den Amateursport aus, während nur ein Prozent auf den Kultursektor entfällt. Gemessen an den Mitgliederzahlen stünden diesem 3,2 Prozent zu, rechnet die Kammer vor. Die hiesige Sport-Lobby wird dieses Ansinnen zwar ins Leere laufen lassen, berechtigt bleibt der Vorstoß dennoch. Folgenlos dürften vorerst auch die übrigen Maßnahmenbündel zur nachhaltigen Förderung kultureller Bildung bleiben. Spätestens 2020 aber, wenn „das Jahrzehnt der Investitionen“ (Ankündigung der großen Koalition) beginnen soll, verdient es die heutige Bestandsaufnahme, abermals hervorgeholt zu werden. Um Kultur- und Bildungspolitik, wie von der Kammer moniert, zumindest dann unter der Maßgabe „mehr Verteilungsgerechtigkeit“ besser zu verzahnen.

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