Söder, Baerbock und die K-Frage Pflöcke einschlagen für das Wahljahr 2021 – trotz Corona

Gewiss gibt es Dringlicheres als über die Kanzlerkandidatur zu debattieren. Da hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder Recht. Die Corona-Krise verschärft sich und die Folgen der Pandemie bewegen das Land; im Moment besonders die überfüllten Intensivstationen und die Frage, wie man die Impfbereitschaft der Bürger erhöhen kann.

 Hagen Strauss

Hagen Strauss

Foto: SZ/Robby Lorenz

Aber wahr ist auch: Die Parteien befinden sich bereits im Vorwahlmodus, mit Blick auf das Wahljahr 2021 laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Es gilt, Pflöcke einzuschlagen, Ambitionen direkt oder indirekt anzumelden. Wer da zu spät kommt oder zu nachlässig ist, den bestraft nicht nur das Leben, sondern dann auch die eigene Partei.

Söder empfiehlt der Union, sich Zeit zu lassen. Es ist ein Ratschlag mit Hintersinn. Je später die K-Frage geklärt wird, desto mehr spielt dies dem CSU-Chef in die Hände. Denn Söder macht nichts ohne größtmögliche Sicherheit. Im Frühjahr wird er wissen, ob sein bundesweites Umfragehoch von Dauer gewesen ist und ob er als Bayer tatsächlich eine Chance aufs Berliner Kanzleramt haben könnte. Darum geht es. Auch weiß Söder bis dahin, wie sich der neue CDU-Vorsitzende schlägt. Womöglich werden die Rufe in der Union nach Söder dann sogar noch lauter werden. 

Die K-Frage bei der Union ist überdies eng mit der Grünen-Partei verbunden, weil Schwarz-Grün nach der Bundestagswahl möglichst eine Option sein soll. Ein CDU-Chef und Kanzlerkandidat Friedrich Merz im Bündnis mit den Ökos? Kaum vorstellbar, denn die politischen wie persönlichen Differenzen sind immens. Er würde die Grünen eher stärken als schwächen. Anders gelagert ist das bei den anderen K-Anwärtern, speziell bei Armin Laschet, Jens Spahn oder eben Söder, der einen Imagewandel vollzogen hat und neuerdings sogar im Doppelinterview mit Grünen-Chef Robert Habeck für eine schwarz-grüne Konstellation wirbt. Gerade Söder bereitet hier geschmeidig wie nie den Boden vor. Nicht zuletzt für sich.

Das ist dann auch der Punkt, an dem Annalena Baerbock ins Spiel kommt. Sie lässt nun wissen, dass sie sich die Kanzlerschaft ebenso zutraut. Die Grünen-Chefin musste zuletzt beobachten, wie sie ins Hintertreffen geraten ist. Ihr Co-Vorsitzender Habeck kokettierte mit seiner Bereitschaft für das Amt und kuschelte mit Söder. Nun legt Baer­bock nach. Der Machtkampf um die K-Frage scheint bei den Grünen offenkundig entbrannt, das Stillhalte-Abkommen zwischen den beiden Parteichefs ist aufgekündigt. Baerbock weiß dabei um ihre entscheidenden Vorteile: Wenn die anderen Parteien nur Männer ins Rennen um die Kanzlerschaft schicken, dann müssen die Grünen auf eine Frau setzen. Darauf wird die Basis schon achten. Wichtiger ist aber, dass Baerbock zielstrebiger und inhaltlich klarer ist als Habeck, dem zuletzt einige schwere Fehler unterlaufen sind.

Eine Grüne wird freilich nur dann Kanzlerin, wenn nach der Bundestagswahl eine grün-rot-rote Option besteht. Die ist zwar möglich, aber zum jetzigen Zeitpunkt wenig realistisch. Das wissen alle, die sich bereits um die K-Frage Gedanken machen.

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