SPD-Vorstoß zur Bodenwertsteuer Schlechter Beginn einer notwendigen Debatte

Grund und Boden sind nicht vermehrbar, mit keinem Gut lässt sich daher so spekulieren. Und das geschieht. Die explodierenden Bodenpreise treiben in begehrten Regionen die Neubaukosten und mit ihnen die Mieten in unbezahlbare Höhen.

 Werner Kolhoff

Werner Kolhoff

Foto: SZ/Robby Lorenz

Deutschlandweit sind die Baulandpreise seit 1962 um 2300 Prozent gestiegen. In München macht der Grund­erwerb oft schon 80 Prozent der Errichtungskosten aus. Eine Menge Leute sind so durch das Glück ihres Erbes und durch die städtische Bauplanung reich geworden. Und noch viel mehr Menschen müssen es bezahlen.

Es ist absolut überfällig, dagegen vorzugehen. Aber schlechter als Norbert Walter-Borjans hätte man diese Debatte kaum beginnen können. Indem der SPD-Chef zunächst nicht sagte, was genau er mit seiner „Bodenwertzuwachssteuer“ meinte, öffnete er allen Diffamierungen Tür und Tor. Der Vorschlag stieß auf echte oder gespielte Empörung bei CDU, FDP und Immobilienverbänden, die vor einer weiteren Belastung einfacher Hausbesitzer und Mieter warnten. Durchaus verständlich.

Doch um die existierenden Eigenheimbesitzer und Vermieter geht es gar nicht, wie Walter-Borjans viel zu spät nachschob. Zumal die Grundsteuer, die auf diese Gruppe zielt, gerade erst reformiert wurde und man die Leute kaum zweimal zur Kasse bitten kann. Es geht um die fantastischen Gewinne, die entstehen, wenn Ackerflächen oder Brachen durch städtischen Planungsbeschluss zu Bauland werden. Oder wenn Baugrundstücke jahrelang freigehalten werden, um sie spekulativ weiterzuverkaufen. Mittlerweile agieren schon internationale Investoren auf diesem Feld, weil es an anderen attraktiven Anlagemöglichkeiten mangelt. Das treibt das allgemeine Mietniveau, ganz besonders das von Neubauten.

Freilich, eine Besteuerung würde in beiden Fällen zwar einen Teil solcher leistungslos erzielten Gewinne abschöpfen, was nur gerecht ist, aber an den verlangten Preisen nichts ändern. Oder sie sogar noch zusätzlich in die Höhe treiben, weil die Abgabe beim Verkauf einkalkuliert wird. Insofern ist Walter-Borjans’ Idee auch für diesen Bereich nicht tauglich.

Die richtige Antwort ist radikaler, und sie stammt vom früheren SPD-Vorsitzenden Hans-Jochen Vogel, einem durchaus abwägenden Mann: Man muss solche Flächen der Spekulation ganz entziehen. Es mag ein Recht an Grund und Boden geben, es gibt kein Recht auf Baulandspekulation und daraus resultierende Gewinne. Richtig wäre es daher, den Gemeinden, wenigstens den großen, gesetzlich die Möglichkeit zu geben, solche Flächen per Vorkaufsrecht zum bisherigen Verkehrswert (etwa als Acker­land) zu erstehen – um sie nach der Erschließung in Erbbaurecht an Häuslebauer weiterzugeben. Das würde das Eigenheim dann auch wieder für normal verdienende Bürger erschwinglich machen, ebenso die Mieten. Bei bestehenden Baugrundstücken könnte ein kommunales Baugebot helfen, Leerstandszeiten abzukürzen. Es wäre spannend zu hören, was CDU, FDP und Immobilienverbände dagegen einzuwenden hätten.

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