Kommentar Warum Anke Rehlinger gewonnen und Tobias Hans verloren hat

Meinung · Die SPD kann nach 23 Jahren die Staatskanzlei zurückerobern und mit Anke Rehlinger die erste sozialdemokratische Ministerpräsidentin in der Geschichte des Saarlandes stellen. Der Sieg ist historisch und in seiner Dimension einmalig.

 Plakate der Spitzenkandidaten der SPD, Anke Relinger, und der CDU, Tobias Hans

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Foto: dpa/Oliver Dietze

2017 lag Rehlinger noch mehr als zehn Prozentpunkte hinter der damaligen Amtsinhaberin Annegret Kramp-Karrenbauer, die wenig später als CDU-Generalsekretärin nach Berlin wechselte – und später als Parteichefin scheiterte. Ihr Nachfolger Armin Laschet verlor nicht nur die Bundestagswahl, sondern riss auch die CDU Saar im vergangenen September mit in den Abgrund. Olaf Scholz und sein Wahlerfolg waren hingegen ein Booster für die SPD Saar. Er hat zweifellos bis zur Landtagswahl gewirkt. Doch die war vor allem eine Personenwahl.

Rehlinger selbst überzeugte besonders im direkten Vergleich zu Tobias Hans, der bereits seit längerem – für einen Amtsinhaber untypisch – schlechtere Kompetenzwerte als seine Herausforderin erzielte und bei vielen Wählern erkennbar nicht so gut ankam. Rehlinger hingegen traf mit zehn Jahren Regierungserfahrung und authentischen Auftritten in ihrem gut organisierten Wahlkampf fast immer den richtigen Ton – wenig spektakulär, dafür grundsolide und berechenbar.

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Foto: dpa/Harald Tittel

Hans, der erst in der laufenden Legislaturperiode als Nachfolger von Kramp-Karrenbauer in die Regierung kam, hatte zweifellos einen guten Start im neuen Amt und starke Auftritte noch in der ersten Corona-Welle. Danach agierte er aber zunehmend hektisch und sprunghaft. Der Schlingerkurs in der Corona-Politik und das Festhalten an seiner erkennbar überforderten Gesundheitsministerin Monika Bachmann und dem kaum teamfähigen Innenminister Klaus Bouillon sorgten bis weit in die CDU hinein für Unmut. Als Konsequenz musste er auch die unpopulären Corona-Maßnahmen meist selbst verkünden. Weil er die beiden Ressortchefs nicht austauschte, fehlte ihm auch der frische Wind aus dem Kabinett für den Wahlkampf. Das zum Ausgleich vorgestellte Kompetenzteam wurde zum Rohrkrepierer, weil eine Expertin noch am Tag der Vorstellung zurücktreten musste. Die Beamtin hatte sich ohne Maske auf einer Corona-Demo gegen die Maßnahmen der Landesregierung gezeigt. Der misslungene Start des CDU-Kompetenzteams ist beispielhaft: Es fehlte Hans nicht nur an einer erkennbaren Strategie, sondern auch am richtigen Gespür.

Hinter vorgehaltener Hand wurde schon länger unter führenden CDU-Politikern thematisiert, dass Hans zunehmend überheblich und beratungsresistent werde. Auch die Bundes-CDU ging auf Distanz zu Hans. Da auch der Wahlkampf der CDU Saar im Vergleich zu früheren Wahlen erkennbar schlecht organisiert war, überrascht der tiefe Fall und das Desaster nicht.

Das für die SPD sensationelle Ergebnis gibt der Stimme der stellvertretenden Parteivorsitzenden Rehlinger in Berlin ein noch größeres Gewicht. Dies kann und muss sie einbringen, um mehr Unterstützung vom Bund zu erhalten. 

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