US-Sanktionen gegen Nord Stream 2 Trumps Akt der „Fürsorge“ verdient eine klare Ansage

Das klingt wirklich rührend: Donald Trump sorgt sich um die europäische Energiesicherheit, wenn der alte Kontinent seinen Energiehunger auch mit russischem Erdgas stillt. Und deshalb greift der US-Präsident zu einem ganz besonders „fürsorglichen“ Mittel – nämlich zu Sanktionen gegen die Unternehmen, die am Bau der Gaspipeline Nord Stream 2 beteiligt sind.

Stefan Vetter

Stefan Vetter

Foto: SZ/Lorenz, Robby

Diese mehr als 2100 Kilometer lange Trasse durch die Ostsee soll bekanntlich in Deutschland enden. Und damit wären dann auch die politischen Beziehungen zwischen Washington und Berlin auf einem neuen Tiefpunkt angelangt.

Überraschend kommt diese Entwicklung freilich nicht. Schon zu Jahresbeginn hatte Trump seinen Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, gegen das Projekt poltern lassen. Schon damals drohte dieser deutschen Firmen mit Strafen, wie ja überhaupt Handelsrestriktionen zum Eckpfeiler Trump’scher Außenpolitik geworden sind. Man denke an den Konflikt mit China, der zu einer schweren Belastung für den freien Welthandel geführt hat. Auch US-Strafzölle auf deutsche Autos sind nicht vom Tisch. Was nun Nord Stream 2 angeht, lässt schon der Name ahnen, dass Deutschland und andere europäische Länder bereits jetzt einen Teil ihres Gasbedarfs durch Lieferungen aus Russland decken. Die Bedeutung solcher Lieferungen wächst, weil Erdgas im Vergleich zu Kohle oder Erdöl ein relativ sauberer fossiler Brennstoff ist. Der Handel damit hat bislang auch die größten politischen Krisen im Verhältnis zu Putins Reich überlebt, was ebenfalls nicht sonderlich verwunden kann: Wenn man von der Waffenproduktion einmal absieht, dann hat Russland kaum weitere Export­schlager, um an Devisen zu kommen. Moskau ist also auch von gedeihlichen Handelsbeziehungen mit Europa abhängig. Von einer Gefährdung der europäischen Energiesicherheit kann daher keine Rede sein. Eher bringen die geplanten US-Sanktionen einen solchen Effekt mit sich. Zwar ist das Projekt praktisch nicht mehr zu stoppen, weil nur noch wenige Röhrenkilometer bis zu seiner Vollendung fehlen. Aber die Fertigstellung könnte sich verzögern.

Trumps Sorge gilt dann auch weniger den europäischen Geschicken, sondern dem Absatz von verflüssigtem Erdgas aus seinem eigenen Land. Nur ist das eben deutlich teurer als die russische Konkurrenz, was den Rohstoff aus den USA unattraktiver macht. Eigentlich ein normaler marktwirtschaftlicher Vorgang. Doch Trump will offenbar die Spielregeln ändern, indem er Europa als sein Protektorat betrachtet. Darauf mit Gegensanktionen zu antworten, wie es manche wollen, wäre zumindest zum jetzigen Zeitpunkt unangemessen. Wohin soll das auch führen? Dass sich die Handelskonflikte noch weiter verhärten? Daran kann die Exportnation Deutschland kein Interesse haben. Aber klare Ansagen braucht es schon. Der deutsche Außenmister hat dafür jetzt die richtigen Worte gefunden. Die europäische Energiepolitik werde in Europa entschieden und nicht in den USA, sagte Heiko Maas. Basta.

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