Leitartikel Länder dürfen sich keinen schlanken Fuß machen

Die epochale Corona-Krise wird den Bund am Ende wohl mehr als 500 Milliarden Euro gekostet haben. Auch die Kommunen hat er im Krisenjahr 2020 großzügig entlastet: Gewerbesteuerausfälle in Milliardenhöhe wurden ausgeglichen, kommunale Unternehmen konnten ebenso wie die privaten Firmen die November- und Dezemberhilfe beantragen.

Doch im Wahljahr 2021 drohen die Kommunen vergessen zu werden: Eine Entlastung wie im vergangenen Jahr ist bisher nicht geplant – und deshalb schlagen die Städte nun zu Recht Alarm. Sie fordern für 2021 und 2022 dieselbe Entlastung bei der Gewerbesteuer wie im ersten Corona-Jahr, insgesamt elf Milliarden Euro.

Doch zu erwarten, dass dieser Ruf von den Spitzen der scheidenden Bundesregierung noch erhört würde, wäre naiv. Insofern kommt der Notruf der Städte jetzt zu spät. Der Bundeshaushalt für das laufende Jahr wird nicht noch einmal aufgeschnürt werden. Der Städtetag setzt darauf, wenigstens in den Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl berücksichtigt zu werden.

Für ärmere Kommunen wird Hilfe dann aber oft zu spät kommen: Viele Städte, etwa im Ruhrgebiet, müssen Investitionspläne wegen der Geldknappheit zurückstellen, meistens leiden darunter Kitas und Schulen. Selbst vermeintlich reiche Städte wie München weisen in ihrer Haushaltsplanung 2021 und 2022 ein deutliches Minus auf, weil das Einnahmen-Niveau der Vor-Corona-Jahre längst noch nicht erreicht wird, während zugleich die Sozialausgaben erheblich gestiegen sind.

Jede neue Koalition wird den Kommunen finanziell unter die Arme greifen müssen, zumal sie einen Investitionsstau von rund 150 Milliarden Euro vor sich her schieben und dabei dringend nötige Zukunftsinvestitionen etwa in den Klimaschutz der Städte noch gar nicht berücksichtigt sind. 60 Prozent aller öffentlichen Investitionen sind kommunale Ausgaben.

Es darf allerdings nicht sein, dass sich die für die Kommunen zuständigen Bundesländer hier – wie so häufig in der Vergangenheit – wieder einen schlanken Fuß machen. Nicht die Länder, sondern der Bund hatte die Kommunen in den vergangenen Jahren massiv entlastet. So übernahm er Bund die Kosten der Unterkunft für Hartz-IV-Empfänger, stockte ÖPNV-Programme auf, überwies Milliarden für den Ausbau der Ganztagsbetreuung in Kitas und schuf Investitionsfonds für klamme Kommunen.

Den Ländern hat der Bund zudem in den vergangenen Jahren erhebliche Anteile am gemeinsamen Steuerkuchen abgegeben, etwa bei der Umsatzsteuer. Im Ergebnis stehen die Länder heute bei der Steuerschätzung besser da als der Bund, ihr Defizit fällt in Summe deutlich geringer als der Minusbetrag im Bundeshaushalt. Der Bund hat seine Möglichkeiten weitgehend ausgereizt, wenn von 2023 an die Schuldenbremse ernsthaft wieder eingehalten werden soll. Die nächste Regierungskoalition in Berlin muss also gegenüber den Ländern auch mal harte Kante zeigen, wenn es um Hilfe für die Kommunen geht.

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