Leitartikel Union und Regierung brauchen starke Führung

Angela Merkels Drohungen gegenüber den Ländern sind leer. Sie hat gar nicht die Kompetenz, um diese in der Corona-Krise zu irgendetwas zu zwingen. Wollte sie das Infektionsschutzgesetz ändern, um sich diese Kompetenz zu verschaffen, müsste sie um die erforderliche Mehrheit im Bundestag bangen.

 Kommentarkopf, Foto: krohnfoto.de

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Spätestens im Bundesrat würde sie scheitern. Vielleicht sogar an ihrem CDU-Parteichef, Armin Laschet, der auch bei seinem Auftritt am Montag wieder deutlich gemacht hat, als was er sich vor allem versteht: als regionaler Ministerpräsident. Nicht als Führungsperson für das ganze Land.

Deutlich ist seit der zurückliegenden Chaoswoche, dass die Union kein klares Machtzentrum mehr hat. Das hat gravierende Auswirkungen auf die Pandemiebekämpfung. Merkel ist eine „lame duck“, aber gleichwohl die einzige Person mit Gesamtverantwortung. Armin Laschet ist der CDU-Vorsitzende und gehört in Sachen Corona eher dem Team Öffnung an. In der Partei aber hat er wenig Autorität. Markus Söder, CSU-Chef und vom Team Vorsicht, ist beliebt in den Umfragen. Dann gibt es noch Ralph Brinkhaus, Fraktionschef. Eigentlich müssten sich diese Vier nächtelang zusammensetzen und eine gemeinsame Linie formulieren. Nicht die Ministerpräsidenten. Dann wäre wieder Zug drin.

Doch ist jeder in seiner Rolle gefangen. Und die Verhältnisse sind nicht geklärt. Eine Lösung kann nur in einer schnellen Entscheidung über die Unions-Kanzlerkandidatur liegen. Nach Lage der Dinge kann das nur Markus Söder sein. Nicht unbedingt wegen seiner besseren Umfragewerte. Sondern weil nur er mit Merkel in der Pandemie-Bekämpfung harmoniert. Und das ist die mit Abstand wichtigste Aufgabe, die die Kanzler(in)-Partei in diesem Jahr zu lösen hat. Sie ist wahlentscheidend.

Söder und Merkel würden sich in der dritten Infektionswelle wahrscheinlich schnell auf einen harten Lockdown verständigen. Das wäre umstritten, ist aber besser als gar keine Linie oder unausgegorenes Zeugs, wie es derzeit in den Ministerpräsidentenrunden beschlossen wird. Die CDU-Länderchefs würden sich einem solchen neuen Kraftzentrum kaum widersetzen können, weil sie sonst ihren frisch ausgerufenen Kanzlerkandidaten beschädigen würden. Und die SPD könnte kaum die Koalition platzen lassen, weil das mitten in der Pandemie politischer Selbstmord wäre.

Natürlich gibt es auch andere Ansätze in der dritten Welle: Lockerungen, wo immer möglich, etwa mit umfangreichen Testkonzepten. Nur hat die Kanzlerin am Sonntag sehr deutlich gemacht, dass das mit ihr nicht zu machen ist. Sie sieht sich in der Verantwortung, steigende Inzidenzen und Totenzahlen zu verhindern. Sie wird ihren Amtseid, so wie sie ihn versteht, erfüllen. Und vielleicht sogar zurücktreten, wenn ein Kanzlerkandidat Laschet versuchen sollte, ihr dazu die Macht zu nehmen. Mindestens gäbe es Streit. Kanzlerin und Unions-Kanzlerkandidat müssen aber auf dem Höhepunkt der Pandemie harmonieren. Und Ergebnisse bringen. Sonst geht es schief für CDU und CSU. 25 Prozent müssen nicht die Untergrenze sein.

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