Leitartikel Für Trumps Gegner sollte es nun wieder um Inhalte gehen

Kein Zweifel, es ist eine Zäsur. Mit Robert Muellers Bericht hat sich erledigt, worauf die Gegner Donald Trumps lange gehofft hatten. In Mueller sahen sie den Ritter in glänzender Rüstung, der herbeigeeilt war, um dem Guten zum Sieg zu verhelfen.

 Herrmann Frank

Herrmann Frank

Foto: SZ/Robby Lorenz

Einen Erlöser, der eine Präsidentschaft, die manche für rechtswidrig hielten, mit dem Schwert der Paragrafen vorzeitig beenden würde. Seine Nachforschungen, glaubten sie, mussten einfach zu einem Amtsenthebungsverfahren führen. Das ist nun vom Tisch. Der Traum vom Drachentöter ist ausgeträumt.

Muellers eng definierter Auftrag war, der Frage nachzugehen, ob Trumps Mannschaft im Wahlkampf 2016 geheime Absprachen mit der russischen Regierung traf. An diesen Auftrag hat er sich penibel gehalten, ohne ihn zum Ausgangspunkt eines Fischzugs zu machen. Darin unterscheidet er sich von Kenneth Starr, der ein dubioses Grundstücksgeschäft Bill und Hillary Clintons in Arkansas unter die Lupe nehmen sollte und schließlich bei der Sex-Affäre des US-Präsidenten mit der Praktikantin Monica Lewinsky landete. Und im wichtigsten Punkt fällt Muellers Fazit eindeutig aus: Es gibt keine Beweise für eine geheime Kooperation des Trump-Teams mit Moskau. Für die Demokraten bedeutet es, zu akzeptieren, dass Trump nur dann aus dem Amt scheidet, wenn er abgewählt wird. Und konsequent die inhaltliche Auseinandersetzung mit ihm zu suchen, statt die Russlandkeule zu schwingen.

Es war ja immer ein bisschen bequem, die Niederlage Hillary Clintons einer russischen Verschwörung anzulasten, als hätte mit Wladimir Putin ein finsterer Bösewicht im Hintergrund die Fäden gezogen. In Wahrheit zehrte Trump von einer amerikanischen Verunsicherung, die er mit populistischen Sprüchen schürte. Er lebte von der Angst all derer, die fürchteten, abgehängt zu werden in einer Welt fortschreitender Globalisierung und offener Grenzen, deren Früchte andere zu ernten schienen. Statt sich intensiv mit den Ursachen seines Erfolgs zu beschäftigen, tat man im Lager Clintons noch lange danach so, als sei die rechtmäßige Präsidentin vom Kreml um den verdienten Sieg gebracht worden.

Nun dürfte die „Russia Connection“ aus den Schlagzeilen verschwinden. Für das nächste Kräftemessen kann das nur gut sein, weil sich die Debatte dann auf die Kernprobleme der Politik konzentriert. Es wird um Trumps nationalistische Irrwege gehen, um falsche Rezepte und mögliche Alternativen, um die Lügen eines Mannes, der etwa aus einer Karawane mittelloser Migranten aus Zentralamerika eine Gefahr für die nationale Sicherheit macht. Und nicht um den Generalverdacht, dass da eine Marionette Putins im Oval Office regiert.

Allerdings heißt das nicht, dass Mueller einen Schlussstrich unter das Kapitel gezogen hätte. Wenn ein Justizminister, den Trump selbst ernannte, auf vier Seiten zusammenfasst, was akribisch recherchierende Juristen in zweijähriger Arbeit zusammentrugen, kann daraus nur neues Misstrauen wachsen. Das Ringen um die Wahrheit wird also weitergehen.

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