Leitartikel Für CDU-Kanzlerkandidat Laschet wird es langsam eng

Armin Laschet im Boxring. Sein letzter Schlag geht ins Leere. Manchmal soll es einfach nicht sein. Der Unions-Kanzlerkandidat ist auf Deutschlandtour, besucht einzelne Wahlkreise, bevor die Union am Samstag in einer Woche die heiße Wahlkampfphase in Berlin einläutet.

Am Mittwochabend ist es ein Boxclub in Frankfurt am Main. Es sind keine guten Tage für den Kandidaten. Der NRW-Ministerpräsident und CDU-Vorsitzende zeigt Nerven. Sein TV-Auftritt im ZDF-“heute-journal“ nach der Ministerpräsidentenkonferenz am Dienstag etwa war fahrig. Bei Fragen des Impfens zeigt sich immer deutlicher: Ein Sowohl-als-auch im Umgang mit Ungeimpften ist nicht zielführend. Laschets ehemaliger interner Widersacher, CSU-Chef Markus Söder, wirkte an diesem Abend mit der Feststellung, dass es ehrlicherweise ein normales Alltagsleben auf Dauer nur für Geimpfte und Genesene geben werde, deutlich glaubwürdiger. Überhaupt ist Söder für Laschet mehr Menetekel als Hilfe im Wahlkampf. Die Frage, ob der bayerische Ministerpräsident nicht doch der bessere Kandidat gewesen wäre, wird inzwischen auch in der CDU wieder häufig gestellt. In Bayern verdreht man ohnehin nur die Augen, wenn die Sprache auf Laschet kommt.

Laschet ist der Spagat zwischen dem sich kümmernden NRW-Landesvater nach der Flutkatastrophe und dem bundesweiten Wahlkämpfer bisher nicht gut gelungen. Seine Deutschlandtour jedenfalls steht unter schwierigen Vorzeichen. Drei bis vier Prozentpunkte weniger in aktuellen Umfragen für die Union müssen ihn aufschrecken, seine persönlichen Werte noch viel mehr. Von ihm bereits unter Beweis gestellte Aufholerqualitäten hin oder her, eine Zustimmung von nur zwölf Prozent in manch Befragung sind vernichtend. Und in den eigenen Reihen brodelt es. „Nicht überzeugend“ heißt es etwa aus dem Norden von Ministerpräsident Daniel Günther. Ein Hänger sei für den mit der Flut beschäftigten Kanzlerkandidaten in Ordnung. „Aber Hänger heißt auch, dass es wieder aufwärts gehen muss“, so die Botschaft aus Kiel. Aber kann man nicht genau in Krisenzeiten überzeugen? Das Bild von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer in den Flutgebieten war ein solches. Souveränes, angemessenes Auftreten aus dem Bauch heraus – daran scheint es sowohl Laschet als auch Grünen-Kandidatin Annalena Baerbock gerade zu fehlen.

Laschet muss sich nun zusammenreißen. Für ihn geht es am 26. September um alles. Das Amt des NRW-Ministerpräsidenten wird er räumen, das eines Oppositionsführers in Berlin kann er kaum anstreben wollen. Zumal dann nicht, wenn man aus einer abgewählten Partei kommt, die ein gutes halbes Jahr vor der Wahl noch eine mehr als satte Mehrheit hatte. Das Land sehnt sich in Corona- und Klimakrise nach Führung. Laschet muss die heiße Phase des Wahlkampfes nun für klare Aussagen nutzen. Allein auf die Freundschaft mit FDP-Chef Christian Lindner zu setzen, der ihm nach derzeitigem Stand eine Mehrheit für eine Jamaika-Koalition sichern könnte, ist entschieden zu wenig.

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