Wirtschaftliche Folgen von Corona Kurzarbeit hilft, ist aber kein Allheilmittel gegen die Krise

Die immer neuen Tiefststände bei der Erwerbslosigkeit vermochten schon lange nicht mehr sonderlich zu beeindrucken. Das Land hatte sich eingerichtet in der schönen heilen Arbeitswelt.

 Stefan Vetter

Stefan Vetter

Foto: SZ/Robby Lorenz

Zwar war auch dort längst nicht alles Gold, was glänzt. Man denke nur an den ausgeuferten Niedriglohnsektor. Aber die allgemeine Furcht vor Jobverlust hatte sich weitgehend in Luft aufgelöst. Wegen Corona kehrt nun das Gespenst der Massenarbeitslosigkeit zurück. Die rasante Zunahme der Anmeldungen von Kurzarbeit könnte ein bitterer Vorgeschmack darauf sein.

Dabei hat der Begriff Kurzarbeit durchaus einen positiven Klang. In der globalen Finanzkrise 2008/2009 erwies sich die staatlich alimentierte Verringerung der Arbeitsstunden als wahre Wunderwaffe zur Bekämpfung großangelegter Entlassungen. Betriebe konnten ihre Mitarbeiter gewissermaßen im Standby-Modus halten und sofort aktivieren, als die Konjunktur wieder ansprang. Im Idealfall folgt die Corona-Krise dem gleichen Drehbuch. Aber eine Garantie dafür gibt es nicht. Das hat auch Arbeitsminister Heil am Dienstag klar gemacht.

Damals war nur ein Teil der Wirtschaft betroffen. Aufträge brachen vielleicht um ein Drittel ein. Heute ist die Dimension viel größer. Weltkonzerne wie Daimler oder BMW leiden unter den Corona-Folgen genauso wie Kleinbetriebe, Gaststätten und Geschäfte. Viele mussten praktisch von einem Tag zum anderen schließen. Der Umsatz sank oft von hundert auf null. Das sind die Herausforderungen, mit denen es Unternehmen, aber auch die Arbeitsmarktpolitiker in Berlin jetzt zu tun haben.

Verzweiflung wäre trotzdem fehl am Platz. Die Arbeitslosenversicherung verfügt über stattliche Rücklagen und die Zugangsbedingungen zur Nutzung von Kurzarbeitergeld wurden weiter gelockert. Doch das reicht in der zugespitzten Situation nicht aus. Wem schon der Niedriglohn kaum zum Leben reicht, der wird beim deutlich geringeren Kurzarbeitergeld erst recht ins Schleudern kommen. Hier muss der Staat für eine Aufstockung sorgen. Zugleich gilt es, die Kurzarbeit als Chance zur Weiterbildung zu nutzen. Dafür gibt es sogar Zuschüsse vom Bund. Die Unternehmen sollten kräftig davon Gebrauch machen. Und noch etwas darf nicht vergessen werden, auch wenn es in der Krise befremdlich klingen mag: Um massenhafte Arbeitslosigkeit zu verhindern, kommt es nicht nur auf die Sicherung bestehender Jobs an. Notwendig sind auch Neueinstellungen. Ein Anreiz für Unternehmen könnte sein, dass der Staat dafür einstweilen die Sozialbeiträge übernimmt. Ein entsprechender Vorschlag aus der Arbeitsmarktforschung muss ernsthaft geprüft werden.

Deutschland steht der sich anbahnenden Beschäftigungskrise keineswegs ohnmächtig gegenüber. Ob es leidlich darüber hinweg kommt wie beim Finanzcrash vor über zehn Jahren, wird allerdings von der Dauer des wirtschaftlichen Stillstands abhängen. Auch die Kurzarbeit ist kein Allheilmittel, wenn das Virus auf dem Vormarsch bleibt.

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