Leitartikel Auch in der Union wedelt der Schwanz nicht mit dem Hund

Nero soll Rom mitten in der Zeit seiner Regentschaft niedergebrannt haben. Markus Söder ist dabei, das mit der Union schon vorher zu machen. Was denkt sich der CSU-Chef eigentlich, wie er jetzt noch Kanzler-Kandidat der Union werden kann, ohne maximalen Schaden zu verursachen?

 Werner Kolhoff

Werner Kolhoff

Foto: SZ/Robby Lorenz

Das Votum der CDU-Führungsgremien für Armin Laschet am Montag war eindeutig. Daran gibt es nichts zu deuteln: Keiner aus der Spitze sprach sich für Markus Söder aus. Der setzt nun auf einen Aufstand der Basis gegen die Führung der Schwesterpartei. Zuerst in der gemeinsamen Fraktion. Dort, so sein Kalkül, sitzen genug Abgeordnete, die Angst um ihre Mandate haben und jenem folgen, der aktuell die besseren Umfragewerte hat. Schon die mächtige Landesgruppe Nordrhein-Westfalen hat mit ihrem Votum für Laschet am Montag jedoch gezeigt, dass diese Rechnung etwas sehr simpel gestrickt ist. Umfragen sind vergänglich. In der entscheidenden Fraktionssitzung am Dienstag gab es zwar verteilte Ansichten. Aber keinen Aufstand.

Spätestens jetzt ist für Markus Söder der Zeitpunkt gekommen, die Machtverhältnisse anzuerkennen und einzulenken. Eine Mitgliederbefragung wird es nicht geben. Das dauert viel zu lange, weswegen der Bayer sie selbst auch schon ausgeschlossen hat. Diese Lösung wäre vielleicht noch vor ein oder zwei Monaten denkbar gewesen. Armin Laschet hätte sich ihr kaum entziehen können, wenn Söder sie geschickt eingefädelt hätte. Dazu hätte er freilich die Kandidatur wirklich wollen müssen. Doch damals zauderte der Christsoziale. Er setzte auf Nummer Sicher, wollte gerufen werden. Der Ruf kam nicht.

Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Setzt Söder seine Kampagne trotz allem noch weiter fort, besteht die Gefahr, dass er die Gesamtpartei und ihre Wahlaussichten noch weiter beschädigt als schon bisher. Ein einfaches Gedankenexperiment macht das klar. Man stelle sich vor, Söder würde doch noch gewinnen, würde mit Hilfe irgendeiner Basisinitiative oder einer knappen Fraktionsabstimmung sowie medialen Drucks die CDU-Führungsgremien dazu zwingen, ihr Votum vom Montag zu widerrufen. Dann würde Laschet wohl als Parteichef zurücktreten und die Union ginge innerlich tief zerstritten in den Wahlkampf. Außerdem würde Laschet womöglich in Nordrhein-Westfalen ebenfalls hinwerfen und man müsste auch dort neu wählen. Söder hätte verbrannte Erde hinterlassen.

Auch in der Union wedelt der Schwanz nicht mit dem Hund. Ein Christsozialer kann nun einmal nur dann Kanzlerkandidat der gemeinsamen Union werden, wenn die große Schwesterpartei CDU das ausdrücklich will und ihr Vorsitzender in den eigenen Reihen nicht genügend unterstützt wird. Das war in Ausnahmesituationen zwei Mal der Fall, bei Franz-Josef Strauß und bei Edmund Stoiber. Jetzt ist die Lage anders. Je eher Markus Söder das einsieht, umso besser für alle. Auch übrigens für ihn selbst und seinen bisher noch recht guten Ruf, der gerade zu kippen beginnt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort