Leitartikel Altmaier darf Staat nicht als besseren Unternehmer sehen

Wirtschaft wird in der Wirtschaft gemacht. So hatte einst ein zuständiger Minister mit FDP-Parteibuch geredet. Ganz anders der aktuelle Amtsinhaber. Mit seiner „Nationalen Industriestrategie 2030“ will Peter Altmaier die Weichen für die Zukunft des Standorts Deutschland stellen.

Kommentar zur Industrie-Strategie: Altmaier darf Staat nicht als besseren Unternehmer sehen
Foto: SZ/Robby Lorenz

Es ist ein Kontrastprogramm zum in der Vergangenheit gepflegten Neoliberalismus geworden. Altmaier will weniger Markt, mehr Regulierung, mehr Staat. Zahlreiche Ökonomen sind deshalb schon empört. Doch wäre es falsch, seine Vorstellungen in Bausch und Bogen zu verdammen. Vielmehr sind sie eine gute Diskussionsgrundlage, auch wenn der CDU-Mann zum Teil übers Ziel hinausschießt.

Der Handlungsbedarf ist ja offensichtlich: Das Wachstum schwächelt, die Autowirtschaft ist im Diesel-Stress, und der Brexit ist auch nicht gerade ein Schmierstoff für den deutschen Exportmotor. Was erschwerend hinzukommt, aber bislang weniger ins öffentliche Bewusstsein dringt: International verliert Deutschland an Boden. Bei wichtigen Zukunftstechnologien sind amerikanische und chinesische Unternehmen schon länger führend. Auch andere Länder holen auf. Um die Digitalisierung ist ein globaler Wettbewerb entbrannt, genauso wie bei alternativen Antrieben oder Künstlicher Intelligenz. Und das längst nicht nur zu fairen Bedingungen. Technologieklau und Protektionismus zählen hier dazu – und offene Sanktionsdrohungen seitens der USA auch gegen deutsche Firmen.

Aus dieser sehr komplexen Gemengelage hat der Bundeswirtschaftsminister politische Konsequenzen gezogen. Angefangen von der Notwendigkeit erträglicher Energiepreise über eine deutlich bessere Förderung von Forschungs- und Entwicklungskapazitäten bis hin zu wettbewerbsfähigen Unternehmenssteuern – die letzte große Reform für betriebliche Entlastungen liegt immerhin schon rund zehn Jahre zurück. Gerade hier zeigen sich auch die Versäumnisse der Wirtschaftspolitik.

Problematisch wird es allerdings, wenn sich Altmaier zum Beispiel als Gestalter künftiger Mobilität geriert. Der Minister will Milliarden für die Ansiedlung einer Batteriefabrik für E-Autos locker machen, obwohl überhaupt nicht klar ist, welche Technologie den Verbrennungsmotor am Ende ablösen wird. Das sollte besser der Markt entscheiden. Auch Altmaiers Absicht, die Bildung von Monopolen zu fördern, um gegen internationale Konkurrenz zu bestehen, klingt irritierend. Wenn sich etwa zwei kränkelnde Geldhäuser wie die Commerzbank und die Deutsche Bank zusammenschließen, wie manche es gern hätten, wird daraus noch kein gesundes Unternehmen. Obendrein hat die Finanzkrise gelehrt, dass Großbanken mehr Fluch als Segen sind.

Fazit: Für die Stärkung des Standorts Deutschlands muss die Wirtschaftspolitik zweifellos bessere Rahmenbedingungen schaffen. Der Staat ist allerdings nicht der bessere Unternehmer. Außerdem beginnt die Zukunft schon im Kleinen: Vielen Betrieben wäre bereits geholfen, wenn sie ein schnelles Internet hätten.

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