Klima im Bundesrat Taktisches Klein-Klein bei der Menschheitsfrage

Die Schülerbewegung „Fridays for Future“ beherrschte auch gestern wieder vielerorts die Straßen. In Berlin lag der lautstarke Protest der Klimaaktivisten gewissermaßen in Hörweite des Bundesrates, als der sich gerade mit den Klimabeschlüssen von Regierung und Bundestag beschäftigte.

 Kopf Vetter

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Foto: SZ/Robby Lorenz

Kritiker sprechen bekanntlich von einem „Klimapäckchen“, weil sie die angepeilten Maßnahmen für viel zu lasch halten, um der Erderwärmung wirksam etwas entgegenzusetzen. Insofern muss es den jungen Klimaschützern eigentlich sehr recht gewesen sein, dass die Länderkammer zumindest Teile der Pläne erst einmal gestoppt hat. Wer allerdings glaubt, dies sei aus Sorge um die Umwelt geschehen, der ist ziemlich naiv. Die Mehrheit der Länder hat im Kern nur ihre eigene Kasse im Blick. Und das ist dann doch ein Armutszeugnis.

Zweifellos hätte es politisch Sinn gemacht, den Fahrplan zur Bepreisung des Ausstoßes von Treibhausgasen ernsthaft in Frage zu stellen. Denn der anfänglich festgelegte Aufschlag etwa auf den Benzinpreis in Höhe von gerade einmal drei Cent pro Liter wird tatsächlich keine Lenkungswirkung für einen sparsameren Verbrauch entfalten. Da fallen schon die täglichen Preisschwankungen an der Zapfsäule deutlich stärker aus. Aber für einen solchen Vorstoß fand sich keine Mehrheit in der Länderkammer. Dabei hätte man gerade damit signalisieren können, dass es um eine grundlegende Überarbeitung des Klimapaktes gehen muss. Fundamentale Nachbesserungen hätten allerdings auch die politische Rolle der Grünen aufgewertet. Daran waren jedoch weder Union noch SPD interessiert, mit denen die Ökopartei mittlerweile in zehn der 16 Bundesländer am Kabinettstisch sitzt.

So dominiert wieder einmal nur taktisches Klein-Klein. Und das ist alles andere als ein Ruhmesblatt. Im konkreten Fall kommt erschwerend hinzu, dass die Länder ausgerechnet die Wohltaten aus dem Klimapaket gestoppt haben, weil ihnen der Preis – sprich: Steuerausfälle und Mehrkosten – dafür zu hoch ist. So bleibt unklar, wann sich Bahntickets in Deutschland verbilligen, ob die Pendlerpauschale für Berufstätige angehoben wird, oder wie es um die versprochenen Steuererleichterungen für die energetische Sanierung von Eigenheimen bestellt ist. Wie lange lässt sich eine solche Hängepartie politisch durchhalten? Am Ende wird der Bund wohl Geld lockermachen müssen, um die Länder zum Einlenken zu bringen. Spätestens dann geht es nur noch um Gesichtswahrung, aber nicht mehr wirklich ums Klima.

Dafür fehlt es übrigens auch an einem schlüssigen Ausbaukonzept für die erneuerbaren Energien, was einige Landesregierungschefs gestern zu Recht beklagten. Der Ausbau der Windkraft in Deutschland ist fast zum Erliegen gekommen. Ohne sie ist ein wirksamer Klimaschutz aber nicht zu erreichen, zumal auch die Jahre von Atomkraft und Kohleverstromung nach dem Willen der Politik gezählt sein sollen. Die „Fridays-for-Future“-Bewegung hat jedenfalls genug Gründe, weiter auf die Straße zu gehen.

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