Grenzschutz mit aller Härte Im Syrien-Konflikt sucht die EU weiterhin die klare Linie

Der Schock der ersten Bilder von den griechisch-türkischen Grenzübergängen scheint überwunden. Die eskalierten Auseinandersetzungen vor dem Grenzzaun zu Europa haben es erst den europäischen Innen- und am Freitag den Außenministern leicht gemacht, ihre harte Linie zu zementieren.

Keine klare Position der EU bei Umgang mit Flüchtlingen aus Syrien
Foto: SZ/Robby Lorenz

Nicht Flüchtlinge, sondern Krawallmacher seien in großen Scharen gekommen und würden zurückgewiesen, treffender müsste es wohl heißen: zurückgeschlagen. Bundesaußenminister Heiko Maas vermied nach dem Treffen mit seinen Amtskollegen in Zagreb jeden Vergleich mit 2015. Als er von einem „Fehler in der Vergangenheit“ sprach und die Beobachter schon mit einer Kritik an der deutschen Öffnung der Grenzen vor fünf Jahren rechneten, meinte der SPD-Politiker etwas ganz anderes: Man habe Italien und Griechenland damals alleingelassen. Das werde man nicht noch einmal tun.

Damit ist die europäische Linie klar: Jene Migranten, die der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan in Richtung EU geschickt hatte, müssen draußen bleiben. Stattdessen formiert sich ein kleinerer Kreis von EU-Regierungen, die sich bereiterklären dürften, etwa 5000 unbegleitete Kinder und Jugendliche aus den völlig überfüllten Auffangzentren auf den griechischen Inseln zu übernehmen. Es ist das humanitäre Trostpflaster für die Härte an der Grenze zu Hellas.

Beide Initiativen gehören zusammen, scheinen auch zu Hause vermittelbar, zumal die Bereitschaft von Kommunen und Regionen, Flüchtlingskinder aufzunehmen, stetig wächst. Aber nicht einmal diese Geste kann darüber hinwegtäuschen, dass die EU in der immer unüberschaubarer werdenden Situation keine wirklich gestaltende Rolle spielt. So „begrüßten“ die Außenminister zwar die zwischen Erdogan und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vereinbarte Waffenruhe. Aber selbst das geschah halblaut. Schließlich könnten die Vereinten Nationen ja auf die Idee kommen, die europäischen Regierungen in die Verantwortung zu nehmen. Das würde heißen, bei der Einrichtung einer Schutz- oder Flugverbotszone eine aktive Rolle zu spielen. Nicht nur Maas wird sich wohl noch gut daran erinnern, dass er zu jenen gehörte, die einen gleichlautenden Vorschlag der CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer vor Wochen strikt zurückwies. Denn nicht nur in Deutschland weiß man um die damit verbundene Problematik: Wäre die Bundesregierung wirklich bereit, Soldaten zu schicken?

Noch können sich die Europäer zurückhalten. Aber wie lange noch? Umso wichtiger wäre es, dass die Union endlich eine Position findet, welche Art von Einsatz unter welchen Bedingungen und mit welchem Mandat akzeptabel erscheint. Der Ausbau des neuen EU-Verteidigungsbündnisses Pesco wird ohnehin dazu führen, dass die von vielen geforderte europäische Armee mit einem Mandat ausgestattet werden muss. Ob offensiv, wie von vielen befürchtet und unterstellt, oder ob restriktiv allein für Frieden schaffende Blauhelm-Missionen – noch hat die Gemeinschaft diese Weichenstellung in der Hand.

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