Leitartikel Die Linke beschert sich selbst schlechte Zeiten

Würde die Linke so kritisch beobachtet wie die AfD, es würde wohl viel öfter über ihre Intrigen, Verirrungen und Fehltritte geschrieben werden. Die vergangene Woche war wieder voll davon.

Keine gute Woche für die Linke – selbst verschuldet
Foto: SZ/Roby Lorenz

Zum Beispiel Verschwörungstheorien, die auch bei den Sozialisten weit verbreitet sind. Man muss nur Nato, BND (Bundesnachrichtendienst) oder MAD (Militärischer Abschirmdienst) sagen, und schon sprudeln sie hervor. Jan Korte, Linken-Fraktionsgeschäftsführer im Bundestag, ließ sich davon zu der steilen These verführen, der Ausfall von Kanzlerin Angela Merkels Regierungsflieger könne etwas mit „Netzwerken von Rechtsterroristen in der Bundeswehr bis in den MAD“ zu tun haben. Beweise? Null. Woanders würde eine Parteiführung so etwas wohl als sektiererisch rügen, hier lässt man es durchgehen.

Zum Beispiel Ukraine-Russland-Konflikt. Zwar sind die Hintergründe des jüngsten Zwischenfalls auf dem Meer nicht vollständig aufgeklärt, doch Heike Hänsel, Fraktionsvize der Partei, wusste bald, dass „alles“ auf einen „innenpolitisch motivierten Willen zur Eskalation“ seitens der Ukraine deute. Sie warnte vor „einseitigen“ Sanktionen gegen Russland. Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender, äußerte sich dagegen viel zurückhaltender und neutraler. Hänsel wies aber auch er nicht zurecht. Lasst alle Blumen blühen, ist nämlich linke Lebensphilosophie.

Die Linke rangiert derzeit in den Umfragen in ihrem Stammgebiet, den neuen Bundesländern, überall hinter der AfD. In dreien davon wird im kommenden Jahr gewählt. Trotzdem leistet sie sich dies: Fünf Stunden Debatte bei einer Klausurtagung am vergangenen Freitag und keine Einigung beim Streitthema Migration. Dabei ist das im Osten ein Schlüsselthema. Der Konflikt mit Fraktionschefin Sahra Wagenknecht, die sich gegen „offene Grenzen“ ausgesprochen hatte, wurde mit Wortgirlanden umkränzt. Übrigens, dass ein Parteiführer nebenher zur Unterstützung der eigenen Position noch eine Privat-„Bewegung“ unterhält, wie Sahra Wagenknecht mit ihrer Plattform „Aufstehen“, gibt es in dieser Form nur noch bei den Rechtspopulisten. In Gestalt von AfD-Mann Björn Höckes Unterstützerkreis „Flügel“.

Hinzu kommen haarsträubende Fehler wie am vergangenen Donnerstag bei der Abstimmung über den UN-Migrationspakt im Bundestag. Entschieden wurde zwar nicht über den Pakt selbst, sondern über einen Entschließungsantrag der großen Koalition. In dem wurde das UN-Papier begrüßt, zugleich aber betont, dass es rechtlich nicht bindend sei. Dem muss man als Opposition nicht zustimmen, auch wenn man für den Migrationspakt ist. Grüne und FDP enthielten sich deshalb. Nicht so die Linke. Sie stimmte unter dem Hinweis darauf, dass sie einen eigenen Antrag mit dem Titel „Internationale Rechte für Migrantinnen und Migranten“ vorgelegt habe, geschlossen mit Nein. Wie sonst nur noch die AfD. Links und Rechts einig in Ablehnung, dieser Eindruck blieb.

Nein, es war wahrlich keine gute Woche für die deutsche Linke.

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