Halbherzige Liste der Steueroasen EU-Länder ziehen sich gegenseitig über den Tisch

Meinung · Die Liste der Steuerskandale fällt mindestens so lang aus wie die Versprechungen der Finanzminister, man werde etwas dagegen tun. Nach Luxleaks, den Panama- und den Paradise-Papers übertrafen sich die Finanzminister und Kommissare der EU mit Zusagen, man werde eine Schwarze Liste der Länder zusammenstellen, die mit Niedrigsteuern und Sparmodellen für Unternehmen und Promis Umleitungen am Finanzamt schaffen.

Halbherzige Liste der Steueroasen: EU-Länder ziehen sich gegenseitig über den Tisch
Foto: SZ/Robby Lorenz

Das Ergebnis ist enttäuschend, wenn auch keine Überraschung: Kaum jemand konnte wirklich glauben, dass die EU auch die Sünder in den eigenen Reihen an den Pranger stellt. Genauso ist es gekommen. Dass die Niederlande pro Jahr mehr Direktinvestitionen aus dem Ausland als Deutschland oder die USA verbuchen können, müsste eigentlich jedem auffallen. Die Zahlen stimmen, weil anschließend ebenso viel Geld wieder abfließt – von traumhaft niedrigen Abgabensätzen nur geringfügig geschmälert. Solange die Union nicht den Mut aufbringt, die Steuervermeidungspraktiken auch in den eigenen Reihen zu stoppen und Widerständler offen zu kritisieren, so lange fehlt ihr die Glaubwürdigkeit, weltweit als Saubermann aufzutreten. Die Schwarze Liste der Finanzminister fällt enttäuschend aus.

Diese Frustration dürfte aber noch weitergehen. Der Abschlussbericht des Sonderausschusses über die Panama-Papers, den die Abgeordneten des EU-Parlamentes in der nächsten Woche beschließen werden, strotzt vor Lücken und Versuchen, Sünder reinzuwaschen. Als ob sich nicht alle darüber geärgert haben, dass der Computerkonzern  Apple in Irland Steuervorteile in Höhe von 13 Milliarden Euro genießen konnte. Zuletzt lag der Steuersatz hier bei 0,05 Prozent. So etwas verzerrt nicht nur den Wettbewerb, es ist vor allem ein offener Affront gegen die vielen kleinen und mittelständischen Betriebe in den Mitgliedstaaten, die ihre Steuerlast als rein national arbeitende Firmen nicht verschieben können. Und vielen  Mitgliedstaaten gehen pro Jahr etliche Milliarden verloren, weil andere kleinen Oasen öffnen. Wie vor diesem Hintergrund die gestern ebenfalls beschlossene Besteuerung von Online-Unternehmen einigermaßen gerecht funktionieren soll, ist nicht abzusehen. Genau genommen setzen die EU-Staaten ihre Versuche fort, sich gegenseitig über den Tisch zu ziehen und den Nachbarn um lukrative und wichtige Einnahmen zu bringen.

Vor wenigen Wochen hat das EU-Parlament in einer bewegenden Zeremonie der ermordeten maltesischen Journalistin Daphne Caruana Galizia gedacht. Sie gehörte zu denen, die den Steuermauscheleien des eigenen Landes auf der Spur waren. Inzwischen haben EU-Abgeordnete dieses Land  besucht. Die Erkenntnisse sind eklatant. Malta umgeht, teilweise in enger Kooperation mit anderen EU-Ländern, die Grundsätze für die faire Besteuerung von Konzernen. Es ist unmoralisch und ein nicht akzeptabler Trick, sich dennoch hinter eine Liste zu stellen, die nur dubiose Praktiken von Nicht-EU-Ländern anprangert. Die EU ist von einem Ende der Steuervermeidung noch weit entfernt.

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