Debatte über Silvesterböller Weniger Hysterie ist nötig, ein generelles Verbot nicht

Das Jahr neigt sich dem Ende zu. Und wie immer bei dieser Gelegenheit entspinnt sich eine vertraute Debatte. In diesen Tagen zufällig sogar im Doppelpack. Erst wurde die Forderung nach einem generellen Tempolimit wieder aus der Schublade gekramt, nun erhitzt das Thema Silvesterböller die Gemüter.

 Stefan Vetter

Stefan Vetter

Foto: SZ/Robby Lorenz

Ein Land im Verbotsmodus. Dabei haben beide Aufreger etwas Gemeinsames: Wer seinen Pkw mit 200 Sachen über eine stark befahrene Autobahn jagt, ist genauso verantwortungslos und sozial inkompetent wie jene Zeitgenossen, die mit Raketen und Knallern vorsätzlich auf umstehende Passanten zielen. Aber deshalb alle gleichermaßen mit Verboten belegen?

Ja, es stimmt, die Silvesterknallerei sorgt bei vielen Menschen für Frust und Ärger. Weil sie den Lärm unerträglich finden, genauso wie die Verängstigung ihrer Haustiere oder zugemüllte Straßen und Plätze. Viele Städte gleichen nach der Silvesternacht einem Schlachtfeld. In zahlreichen Ländern wurde deshalb schon vor Jahren umgesteuert. In Schweden etwa gelten äußerst strenge Regeln für den Verkauf von Silvesterraketen. Und in Weltmetropolen wie New York oder Sydney ist privates Feuerwerk generell ein Tabu. Damit wird auch der Gefahr von gesundheitlichen Schäden vorgebeugt. Ärzte und Rettungssanitäter können ein trauriges Lied über Verbrennungen, Knalltraumata oder gar abgetrennte Gliedmaßen infolge illegaler oder unsachgemäß gezündeter Böller singen.

Erstaunlicherweise sind solch gewichtige Aspekte bei der Verbotsdebatte in Deutschland allerdings eher eine Randnotiz. Im Mittelpunkt steht vielmehr der Klimaschutz. Und das, obwohl die Feinstaubbelastung durch Silvesterknaller eine zu vernachlässigende Größe ist. Aufs Jahr gerechnet macht sie lediglich zwei Prozent der gesamten Schadstoffemissionen aus. Mehr Sachlichkeit und weniger Hysterie wären hier durchaus angebracht.

Ganz schutzlos sind die Kommunen der Böllerei ohnehin nicht ausgeliefert. So können sie das Feuerwerk aus Gründen der Sicherheit, des Brandschutzes oder der Erhaltung der Altstädte zumindest gebietsweise untersagen. Aktuell wollen davon mehr als 20 größere und kleinere Kommunen Gebrauch machen. In Berlin zum Beispiel ist die Partymeile am Brandenburger Tor zu Silvester schon immer eine feuerwerksfreie Zone gewesen. In diesem Jahr fällt darunter auch ein Teil des Alexanderplatzes. Wo ein Wille ist, ist also auch schon heute ein Weg. Die Bundesregierung kann diesen Weg noch verbreitern, indem sie die Sprengstoffverordnung so ändert, dass Städte und Gemeinden auch großflächige Feuerwerksverbote aussprechen dürfen. Warum CSU-Innenminister Horst Seehofer diese Idee grundsätzlich begrüßt, sie aber erst in zwei Jahren umsetzen möchte, will sich jedenfalls nicht recht erschließen.

Spätestens damit sollte es jedoch genug sein. Denn ein generelles Böllerverbot würde all die bestrafen, die im Silvesterfeuerwerk eine gute Tradition sehen und damit verantwortungsvoll umgehen.

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