Leitartikel Der Maut-Murks der CSU – viele Schuldige, viel Schaden

Nun schlagen viele auf Verkehrsminister Andreas Scheuer ein, der die Mega-Klatsche bei der Pkw-Maut und die daraus folgenden Konsequenzen zu managen hat. Doch Scheuer trägt nur eine Mitschuld. Die Hauptverantwortlichen für dieses Debakel sind andere: Es sind der jetzige Innenminister Horst Seehofer und der jetzige CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt.

Das Maut-Desaster und die Folgen
Foto: SZ/Robby Lorenz

Dobrindt war nach der Bundestagswahl 2013 vom früheren CSU-Chef Seehofer als Bundesverkehrsminister installiert worden, um das Lieblingsprojekt der CSU, die Pkw-Maut nur für Ausländer, umzusetzen. Schon damals waren die Zweifel erheblich, ob Aufwand und Ertrag in einem vernünftigen Verhältnis stehen. Und ob es angesichts des Gleichbehandlungsgrundsatzes rechtlich überhaupt haltbar ist, dass ausländische Autofahrer allein belastet werden, wenn einheimische die Gebühr über die Kfz-Steuer wieder zurückerhalten. Der Europäische Gerichtshof hat nun endgültig gesagt: Nein, das geht nicht. Alles Murks, was sich die CSU-Leute ausgedacht haben. Zum Schaden der Republik.

Wenn es so etwas wie nachträgliche politische Verantwortung gäbe, müssten Seehofer und Dobrindt nachträglich ihren Rücktritt einreichen. Gleichwohl entlässt das Minister Scheuer nicht aus seiner politischen Verantwortung für den peinlichen Fehlschlag. Erstens war auch er immer ein glühender Maut-Fan, zweitens hat Scheuer das Urteil nicht abgewartet und die Erhebung der Gebühr bereits an ein privates Unternehmen vergeben. Er muss jetzt zügig sicherstellen, dass für den Bundeshaushalt kein zusätzlicher finanzieller Schaden entsteht. Allerdings wird das eine Herkulesaufgabe, weil nun Ersatzansprüche auf das Verkehrsressort zukommen könnten.

Auch die Kanzlerin hängt in dem Schlamassel mit drin: Im Wahlkampf 2013 versprach sie noch, die Abgabe werde es mit ihr nicht geben. Um dann vor den Christsozialen einzuknicken. Damit ist die ganze Geschichte ebenso kein Ruhmesblatt für Angela Merkel. Vielmehr wirft die EuGH-Entscheidung ein Schlaglicht darauf, was passieren kann, wenn man sich wider besseres Wissen von einer Regionalpartei treiben lässt. Jetzt hat Europa einen Grund mehr, über das gern großtuerische Deutschland zu lachen. Die hiesige Politik bekommt die Maut nicht hin, flächendeckenden Mobilfunk sowieso nicht, die Sanierung der maroden Verkehrsinfrastruktur schon gar nicht. Von der Dieselkrise ganz zu schweigen. Und einen Flughafen können die Deutschen auch nicht mehr bauen. Für viele der Probleme zeichnet das seit Jahren von der CSU geführte Verkehrsministerium verantwortlich.

Das Gute an dem Urteil ist jedenfalls: Die Autofahrer können aufatmen. Das Bürokratiemonster Maut ohne jegliche ökologische Lenkungswirkung bleibt ihnen erspart; auch die Grenzregionen müssen nun keine wirtschaftlichen Nachteile mehr fürchten. Außerdem hieß es zuletzt, die Pkw-Maut werde ein Minusgeschäft. Jetzt wird sie eben gar keins. Auf den Kosten bleibt der Steuerzahler trotzdem sitzen. Danke, CSU!

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