Preis für Kohlendioxid-Ausstoß Luftverschmutzung muss ein Wirtschaftsgut werden
Bis Herbst will die Bundesregierung ein Konzept für eine Bepreisung von Kohlendioxid erarbeiten, wurde im Klimakabinett bekräftigt. Das Thema klingt technisch, ist aber hochsensibel. Es geht den Leuten ans Geld.
So oder so.
Zwei Alternativen gibt es: Zum einen die zusätzliche Belastung von Heizöl, Benzin und Diesel mit einer CO2-Steuer. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) plädiert dafür. Am Donnerstag schlug sie auch noch eine Erhöhung der Luftverkehrsabgabe vor. Höhere Steuern wirken zwar schnell, heben aber die Entscheidung auf die Ebene der Politik. Die Autopendler, Eigenheimbesitzer und Fluggäste werden auf die Palme gehen. Wer immer dieses Konzept vertritt, wird büßen müssen. Macron hat das in Frankreich erlebt. In Deutschland wäre es vor allem die SPD, denn CDU und FDP werden sich absetzen und die AfD dagegen sein. Nur die Grünen-Wähler finden das gut. Am Ende wird die Steuer nicht in dem Maße erhoben werden, wie es notwendig wäre, um einen Effekt zu erzielen. Wenn überhaupt.
Die CO2-Bepreisung gehört auf eine andere Ebene: Die der Ökonomie. Ein wirksamer Mechanismus dafür ist der Emissionshandel. Hier muss die Politik nur einmal tätig werden: Wenn sie den Handel startet. Eine Mehrheit dafür gäbe es derzeit, es fehlt nur der Mut. Die Politik legt fest, welche Menge CO2 in jedem Jahr noch ausgestoßen werden darf, insgesamt und für jeden Sektor. Diese Menge sinkt bis 2050 gegen Null, also jährlich ungefähr um zwei bis drei Prozent. Nur für diese Menge gibt es Verkaufsrechte, die diejenigen ersteigern können, die Benzin, Öl, Gas oder Kerosin vermarkten wollen. Mehr kann also auch nicht verbrannt werden. Der Preis der Zertifikate wird schnell steigen. Die Folge wird sein, dass die Kunden versuchen werden, diese Kosten zu vermeiden und auf saubere Alternativen umsteigen. Das wird zuerst dort geschehen, wo das Ausweichen am günstigsten ist.
Auf diese Weise wird der Klimaschutz der Politik entzogen, die nicht die Kraft hat, unpopuläre Maßnahmen durchzuhalten. Das ist nicht undemokratisch, so wenig wie Ölpreissteigerungen am Rotterdamer Spotmarkt undemokratisch sind. Luftverschmutzung ist ein Wirtschaftsgut und muss einen Preis haben. Wie Müllentsorgung. Es sind dann auch nicht mehr tausend Einzelmaßnahmen oder Verbote notwendig. Eine Sache der Politik ist allerdings, was mit den Einnahmen geschieht. Mit einem Teil müssen soziale Härten abgefedert werden. Freilich, wenn zum Beispiel alle Pendler die Mehrkosten komplett erstattet bekämen oder alle Besitzer alter Ölheizungen, hätte die Sache keine Lenkungswirkung mehr. Deshalb müssen mit dem anderen Teil der Einnahmen Alternativen gefördert werden. Gebäudesanierung, Senkung der Stromsteuern, Unterstützung von Fahrgemeinschaften, Förderung von ÖPNV, Bahn und Elektromobilität. Dann geht die Kostenschere zwischen vernünftiger und unvernünftiger Energienutzung schnell auseinander. Und auch die Vielfliegerei erledigt sich fast von allein.