Die Bundesregierung und der Rüstungsexport Am hehren Anspruch gescheitert

Die jüngsten Schreckensnachrichten aus dem Jemen galten einem Luftangriff der von Saudi-Arabien angeführten Militär-Allianz arabischer Staaten, bei dem Dutzende Zivilisten verletzt oder getötet worden sein sollen.

Bundesregierung beim Rüstungsexport am hehren Anspruch gescheitert
Foto: SZ/Robby Lorenz

Später war von einer Explosion in der Nähe zweier Schulen die Rede, bei der 14 Kinder ums Leben kamen. Alles keine Einzelfälle. Man sollte nun meinen, dass sich deutsche Waffenexporte an die Saudis vor diesem Hintergrund erst recht verbieten. Doch weit gefehlt. Die Ausfuhren gehen munter weiter. Und die Bundesregierung macht sich an dieser Stelle vollends unglaubwürdig.

Es ist gerade einmal zwei Wochen her, dass Schwarz-Rot den Rüstungsexportstopp ein weiteres Mal verlängert hat. Nur war schon damals das Kleingedruckte entscheidend. Demnach sollen deutsche Teile für internationale Rüstungsprojekte weiter lieferbar bleiben. Aber Partnerstaaten wie Frankreich und Großbritannien sollen sich dazu verpflichten, „endmontierte Rüstungsgüter“ bis zum Jahrsende nicht an Staaten zu liefern, die am Jemen-Krieg beteiligt sind. Das klang zwar ziemlich blauäugig, aber wohlwollend betrachtet war zumindest der Wille erkennbar, die deutschen Vorbehalte bei Rüstungsausfuhren an kriegführende Länder nicht gänzlich über Bord zu werfen.

Nun zeigt sich allerdings, dass die Bundesregierung es wohl nicht einmal versucht hat, Paris oder London umzustimmen. Nach der jetzt bekannt gewordenen Entscheidung des geheim tagenden Bundessicherheitsrats wurde Saudi-Arabien gleich als Endempfänger von Rüstungsmaterial mit deutscher Herstellerbeteiligung angegeben. Wer will das noch verstehen? So gesehen hätten sich Union und SPD auch ihren monatelangen Embargo-Streit komplett sparen können.

Zweifellos lassen sich gewichtige Argumente dafür finden, die europäischen Partner bei der Rüstungszusammenarbeit nicht zu verprellen. Die USA unter Donald Trump sind zu einem unsicheren Kantonisten in der Nato geworden. Der Druck auf die Europäer für eine engere sicherheitspolitische Kooperation hat zugenommen. Das sollte die Bundesregierung dann allerdings so auch glasklar sagen. Stattdessen hat sie sich immer wieder selbst für ihre vermeintlich restriktive Rüstungspolitik gelobt – und sich im Vergleich zu anderen Partnerstaaten mit nennenswerter Waffenindustrie damit auch moralisch überhöht. Nur hält das eben der Praxis nicht Stand, wie der jüngste Beschluss im Bundessicherheitsrat zeigt.

Im Herbst wollen Union und SPD eine Bestandsaufnahme vornehmen, inwieweit der Koalitionsvertrag umgesetzt wurde und was „aufgrund aktueller Entwicklungen“ neu zu vereinbaren ist. Fest steht schon jetzt, dass das Rüstungskapitel einer Überarbeitung bedarf. Der Satz, wonach „ab sofort“ keine Waffenausfuhren an Länder mit Kriegsbeteiligung im Jemen mehr genehmigt werden, gehört ehrlicherweise gestrichen. An diesem hehren Anspruch ist die Koalition schlicht gescheitert.

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