75. Jahrestag der Zerstörung der Stadt Bombenopfer von Dresden werden missbraucht

Die massive Abwehr der meisten Deutschen gegen die AfD rührt aus der Angst: Was würden diese Leute und manche ihrer militanten Anhänger tun, wenn sie die Macht hätten? Würde es dann wieder werden wie 1933?

 Werner Kolhoff

Werner Kolhoff

Foto: SZ/Robby Lorenz

Und die AfD gibt dazu Anlass. Nicht nur wegen der „Denkmal der Schande“- und „Vogelschiss“-Äußerungen und ihrer Kontakte zu Pegida und anderen Extremisten. Sondern auch wegen ihres Umgangs mit der Bombardierung Dresdens.

Am heutigen 75. Jahrestag des Luftangriffs missbraucht die Rechtspartei dieses schreckliche Ereignis erneut für ihre Zwecke. Wie schon in den Jahren zuvor. Die gemeinsame Menschenkette der Dresdener um die Innenstadt ist den Opfern aller Kriege gewidmet. Die AfD jedoch veranstaltet eine eigene Kundgebung auf dem Altmarkt und fordert ein großes Denkmal für die Opfer. Für die sie auch eigene Zahlen präsentiert. Von „100 000“ Bombentoten will ihr Bundessprecher Tino Chrupalla wissen. Gegen alle historischen Forschungen, die auf 25 000 Tote kamen. Chrupallas Zahlen folgen Angaben der NS-Propaganda unmittelbar nach dem 13. Februar 1945. Es sind Nazi-Zahlen.

Diese Instrumentalisierung hat System. Es ist der Versuch, Dresden als gleichartiges Kriegsverbrechen einzuordnen. Nach dem Motto: „Die anderen waren nicht besser“. Damit soll die deutsche Verantwortung für den Krieg an sich wie auch für die deutschen Verbrechen relativiert werden. Zugleich werden alte Feindbilder („Bomber Harris“) erneuert.

Es kann heute aber nicht richtig sein, aufzurechnen, wer wo was getan hat. Sonst schafft man nur neue Gräben, nicht Versöhnung. Außerdem waren es die Deutschen, die Europa mit einem Angriffskrieg überzogen und als erste Bombardements gegen die Zivilbevölkerung als Mittel eingesetzt haben. Schon bei Kriegsbeginn in Wielun, und später in Rotterdam und vielen Städten Englands. Vor allem haben sie anders als die Alliierten am Boden massive Mordaktionen gegen Zivilisten durchgeführt, von Angesicht zu Angesicht. In Oradour und Lidice, in Marzabotto und den Dünen Pommerns, in Dörfern und Städten fast ganz Europas. Auch Einrichtungen und Bürger Dresdens waren an dieser Naziherrschaft nicht unschuldig. Der Kontinent wäre gepflastert mit Mahnmalen des Hasses gegen die Deutschen, wenn alle mit der Geschichte heute noch so umgehen würden wie AfD und Pegida in Dresden.

Der Missbrauch der Bombennacht für parteipolitische Zwecke ist schändlich. Es geht um Tote, und da sollte die Trauer im Mittelpunkt stehen. Um alle Kriegsopfer, auch die heutigen. Die Losung muss lauten: Nie wieder Krieg. Nirgendwo. Darauf hat sich die große Mehrheit der Dresdner auch verständigt. Außer die AfD. Sie hält ganz bewusst ein zwiespältiges Verhältnis zur deutschen Vergangenheit offen – und damit auch zu Leuten, die mindestens Elemente davon wiederholen wollen. Die schon heute die Demokratie verhöhnen und Bürgermeister bedrohen. Das macht vielen Menschen Angst. Zu Recht.

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