US-Wahlkampfdebatten beginnen „Trump muss weg!“ wird Demokraten nicht reichen

Wenn in eineinhalb Jahren die US-Bürger in die Wahlkabinen gehen, um über eine zweite Amtszeit von Donald Trump zu entscheiden, dürfte die erste Debatte der Präsidentschaftskandidaten der Demokraten vom Mittwochabend ebenso vergessen sein wie die meisten der Bewerber.

Anti-Trump reicht in Wahlkampfdebatten der US-Demokraten nicht
Foto: SZ/Robby Lorenz

Man könnte deshalb die Veranstaltung in Miami, die am Donnerstagabend mit einer zweiten Frage-und Antwort-Runde von zehn weiteren Aspiranten – darunter auch Umfragen-Favorit Joe Biden – fortgesetzt wurde, als sinnlose Pflichtübung abstempeln. Doch aus mehreren Gründen wäre dies ein Fehler.

Zum einen sind Debatten wie diese ein wichtiger Bestandteil der Demokratie in den USA – anders als in Deutschland, wo Kanzlerkandidaten und Parteichefs immer noch gerne von Parteien in Hinterzimmern ausgekungelt werden. Und zum anderen sind da doch recht wichtige Erkenntnisse. Wie die Tatsache, dass die meisten Kandidaten – wie beispielsweise Mitfavoritin Elizabeth Warren, die den ersten Abend dominierte – von den Fehlern der substanzlosen Hillary Clinton im Jahr 2016 gelernt haben. Clinton hatte sich im Prinzip als Fortsetzung der acht Jahre Barack Obama präsentiert, ohne zu präzisieren, was sich unter ihr ändern sollte. In diese intellektuelle Lücke stieß dann Donald Trump gnadenlos mit seinen „Make America great again“-Parolen.

 Aus Schaden werden zumindest andere klug. Warren punktete nun mit klar formulierten Politik-Vorschlägen, anstatt schlicht zu sagen: „Trump muss weg!“ Eine andere wichtige Erkenntnis ist, dass Amerikas Demokraten selten so weit links standen wie in diesem Jahr. Die Besserverdienenden sind ebenso der Feind wie Großunternehmen oder Tech-Konzerne mit ihrer rücksichtslosen Daten-Sammelwut. Allerdings laufen die Liberalen dabei Gefahr, die breite Mitte im politischen Spektrum der Vereinigten Staaten zu vernachlässigen – jene Mitte, die frustriert durch einen 2016 noch nicht spürbaren Aufschwung in wichtigen Bundesstaaten ins Trump-Lager strömte. Der auf die Bewahrung des Status Quo setzende Präsident hätte, würden die Demokraten tatsächlich eine progressive Figur wie Warren oder Bernie Sanders nominieren, die Chance, dieses Vakuum erneut zu füllen.

Schließlich ist auch der Umstand erwähnenswert, dass neben den Dauer-Themen Krankenversicherung, Einwanderungsreform und Reichen-Besteuerung endlich auch der in der amerikanischen Debatte lange verdrängte Klimaschutz aufgewertet wurde. Als größte geopolitische Bedrohung bezeichnete die Mehrheit der Bewerber denn auch nicht den in der Debatte überraschend selten genannten Trump, Russlands Präsident Wladimir Putin oder die konkurrierende Großmacht China. Sondern sie betonten die existenzielle Bedeutung des Klimawandels. Und das muss auch jenen Europäern Hoffnung geben, die darauf warten, dass dieser Aspekt in der Politik der Vereinigten Staaten wieder den Stellenwert bekommt, den er verdient.

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