Offener Machtkampf Der CSU droht der Absturz zur Provinzpartei

So schnell werden die aufgerissenen Gräben in der CSU nicht zuzuschütten sein. Zumal die Scharmützel der letzten Monate zu Verletzungen geführt haben, die in der Partei noch lange nachwirken werden.

Offener Machtkampf: Der CSU droht der  Absturz zur Provinzpartei
Foto: SZ/Robby Lorenz

Es gilt der Grundsatz: Geschlossenheit lässt sich nicht einfach verordnen, auch nicht durch einen neuen Zeitplan hin zu einer längst überfälligen Personalveränderung. Sie muss vorgelebt werden. Doch die CSU ist in zwei verfeindete Lager zerfallen – in das der Anhänger von Noch-Finanzminister Markus Söder und in das seiner Gegner. Versöhnung scheint da eine große Utopie zu sein. Und dass die Schmutzeleien nach wie vor kein Ende nehmen, zeigt der Umstand, dass Abgeordnete gestern aus der Landtagsfraktion heraus streuten, Söder werde neuer Ministerpräsident. Eine bewusst lancierte Falsch­meldung. Vorerst zumindest. Denn Söder will.

Selbst wenn es gelingen sollte, alsbald die Reihen zu schließen, dann ist noch lange nicht ausgemacht, dass auch der Wähler den Christsozialen wieder folgen wird. Der Vertrauensverlust vieler Bürger in die CSU ist riesig. Mitverursacher ist ohne Zweifel Horst Seehofer, der einen großen, strategischen Fehler begangen hat: Erst ist er Kanzlerin Angela Merkel monatelang wegen ihrer Flüchtlingspolitik massiv angegangen bis hin zur Demütigung auf offener Bühne beim CSU-Parteitag, um dann plötzlich den Schalter auf Friede und Freude umzustellen. Zahlreiche Wähler haben ihm und seiner Partei die plötzliche und krude Kurskorrektur zu Recht nicht abgenommen. Die Quittung gab es bei der Bundestagswahl.

Einen anderen Grund für ihre Talfahrt will die CSU immer noch nicht wahrhaben: Ihr Nimbus der Volkspartei, in diesem Fall einer regional begrenzten, bröckelt. Wie bei den anderen großen Parteien auch. Bisher haben die Christsozialen ziemlich orientierungslos darauf reagiert. Mal wollten sie deutlich mehr nach rechts rücken, um den neuen Hauptkonkurrenten AfD kleinzuhalten, mal am liebsten in der Mitte bleiben, um weiterhin dem alten Anspruch von Laptop und Lederhose gerecht zu werden. Nur: Beides lässt sich politisch – wenn überhaupt – nur mit sehr viel Geschick vereinbaren. Und einvernehmlich. Beides fehlt.

Schlechter kann somit die Ausgangsposition für eine Neuaufstellung mit Blick auf die Landtagswahlen nächstes Jahr nicht sein. Insofern ist auch noch lange nicht ausgemacht, ob die CSU ihren Absturz von einer bundespolitisch einflussreichen Regionalpartei zur schnöden Provinzpartei wird verhindern können. Ist die CSU im Land schwach, ist sie es auch im Bund. Mit Ämterteilung haben die Bajuwaren jedenfalls noch nie gute Erfahrungen gemacht. Wer immer daher künftig die Christsozialen in welcher Funktion führen wird, die Partei braucht endlich eine klare Linie und ein Ende der Sprunghaftigkeit. Auch muss die lähmende und quälende Selbstbespiegelung aufhören. Schließlich geht es nicht nur um die Verteidigung der absoluten Mehrheit im Freistaat. Sondern auch um den Einfluss in Berlin. Und am Ende irgendwo auch noch um die Bürger.

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