Wahlkampf um Außenpolitik Können Erdogan und Trump Schulz zum Kanzler machen?

Viele Feind, viel Ehr’. Der Zorn eines ausländischen Staatsoberhaupts kann im Wahlkampf von Vorteil sein. Das weiß die SPD nicht erst seit Recep Tayyip Erdogans Ausfall gegen Außenminister Sigmar Gabriel. Immerhin sicherte sich der letzte SPD-Kanzler, Gerhard Schröder, seine zweite Amtszeit, als er sich im August 2002 zum Wahlkampfauftakt mit US-Präsident George W. Bush anlegte und seine frühe Absage an einen Irak-Krieg in die Menge rief: „Dieses Land wird unter meiner Führung für Abenteuer nicht zur Verfügung stehen.“ Im TV-Duell warb der Herausforderer Edmund Stoiber von der CSU damals für Mittelstandsförderung, der Kanzler für den Weltfrieden – und gewann. Wohl nie seit Willy Brandts Ostverträgen hat die Außenpolitik so entscheidend zum Wahlsieg eines Kanzlerkandidaten beigetragen.

Wahlkampf um Außenpolitik: Können Erdogan und Trump  Schulz zum Kanzler machen?
Foto: SZ/Robby Lorenz

Viele Feind, viel Ehr’. Der Zorn eines ausländischen Staatsoberhaupts kann im Wahlkampf  von Vorteil sein. Das weiß die SPD nicht erst seit Recep Tayyip Erdogans Ausfall gegen Außenminister Sigmar Gabriel. Immerhin sicherte sich der letzte SPD-Kanzler, Gerhard Schröder, seine zweite Amtszeit, als er sich im August 2002 zum Wahlkampfauftakt mit US-Präsident George W. Bush anlegte und seine frühe Absage an einen Irak-Krieg in die Menge rief: „Dieses Land wird unter meiner Führung für Abenteuer nicht zur Verfügung stehen.“ Im TV-Duell warb der Herausforderer Edmund Stoiber von der CSU  damals für Mittelstandsförderung,  der Kanzler für den Weltfrieden – und gewann. Wohl nie seit Willy Brandts Ostverträgen hat die Außenpolitik so entscheidend zum Wahlsieg eines Kanzlerkandidaten beigetragen.

Falsch wäre die Einschätzung, Fragen der internationalen  Beziehungen hätten seitdem für Wahl­entscheidungen in Deutschland keine Rolle gespielt.  Tatsächlich beruht der Nimbus der ruhigen Beschützerin deutscher Interessen, den Angela Merkel sich über Jahre erworben hat, nicht zuletzt auf ihrem Auftreten gegenüber anderen Ländern in der Euro-Krise.  Dieses außenpolitische Standing ist umso wichtiger, weil das innenpolitische Profil der Kanzlerin unscharf ist. In Zeiten internationaler Unsicherheit wirken viele innenpolitische Schulz-Themen gegen Merkels Beschützer-Image aber wie Stoibers „Mittelstand“ gegen Schröders „Frieden“.

Es wird den Wahlkämpfern der Union daher nicht gleichgültig sein, dass Sigmar Gabriel als Ressortchef daran arbeitet, dass nach Frank-Walter Steinmeiers leiser, fast unhörbarer Diplomatie die Außenpolitik öffentlich wieder  mit der SPD verbunden und so Merkels Rolle relativiert wird.  Und dass der Minister rhetorisch klarere Kante gegenüber den Lieblingsfeinden der Deutschen – Donald Trump und Erdogan – zeigt. Flan­kiert zudem von Kanzlerkandidat Martin Schulz, der – ohne Amt – wenig Rücksichten nehmen muss.

Im Falle von Trump haben die beiden SPD-Politiker erst kürzlich versucht, die Kanzlerin außenpolitisch in die Enge zu treiben, als sie dem  Zwei-Prozent-Ziel für die Rüstungsausgaben eine Absage erteilten. Das war wieder die Schröder-Strategie: die Union als US-hörige Militaristen zu zeichnen. Doch diese  hakt hier. Dass SPD-Minister das Zwei-Prozent-Ziel mitgetragen haben, ist dem Publikum nämlich leicht in Erinnerung zu rufen. Und angesichts wachsender internationaler Bedrohung und offenkundiger Ausrüstungsmängel der Bundeswehr treffen Rüstungsausgaben nicht auf die erhoffte Empörung.

Doch schwer vorstellbar ist auch, dass härtere Rhetorik gegen Trump, Erdogan und Co. Schulz zum Kanzler machen kann. Dass die Welt voller Schurken ist, hat das Publikum verstanden. Nur hat es bisher die Engelsgeduld und Uneitelkeit goutiert, mit der Merkel  auf das Gehabe der Machos reagierte. Erst wenn das Publikum diese Stärke als Schwäche auslegt, hat Merkel im Wahlkampf ein echtes Problem.

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