US-Präsident verwirrt die Welt Donald Trump und das gedankliche Vakuum

Ein neuer Tag, ein neuer Tweet. Man könnte auch sagen: Kein Tag, an dem Donald Trump den Rest der Welt nicht aufs Neue vor Rätsel stellt. Hatte er noch am Mittwoch einen Raketenschlag gegen Syrien signalisiert und zugleich Assads Schutzpatron Russland gedroht, so machte er tags darauf einen Rückzieher. Allerdings nur einen halben. Er habe nie gesagt, wann es zu einem Angriff kommen würde, schrieb er gestern.

US-Präsident verwirrt die Welt: Donald Trump und  das gedankliche Vakuum
Foto: SZ/Robby Lorenz

Es war der Versuch, zurückzukehren zu einer Taktik, mit der sich der US-Präsident, so sieht er es zumindest selber, von seinen vermeintlich naiven Vorgängern absetzen will. Sollte er eine Militäraktion anordnen, werde er das nicht vorher telegrafieren, hatte er immer wieder erklärt. Nur blutige Amateure annoncieren, was sie militärisch zu tun gedenken: Im Wahlkampf gehörte der Satz zu seinem Standardrepertoire. Trump, der Meister des Überraschungseffekts.

So gesehen wirkt es geradezu peinlich, wie er im Laufe von knapp zwei Wochen eine Wende nach der anderen vollzog. Es begann mit einer Kundgebung in Ohio, auf der er den raschen Abzug des eher symbolischen US-Kontingents aus Nordsyrien in Aussicht stellte, weil nun „andere Leute“ gefragt seien. Sein Verteidigungsminister James Mattis soll ihn schließlich davon überzeugt haben, dass man noch ungefähr sechs Monate brauche, um den „Islamischen Staat“ endgültig in die Knie zu zwingen.

Dem offenbar spontan verkündeten Rückzugsplan folgte, nach dem mutmaßlichen Giftgaseinsatz in Duma, die Ankündigung eines Militärschlags innerhalb von 24, höchstens 48 Stunden. Und als die Frist verstrichen war, posaunte Trump diese bizarre Drohung an Russland in die Welt, die einige Parallelen zum Nervenpoker der Kubakrise im Jahr 1962 ziehen lässt. Wladimir Putin, von Trump lange nur mit Samthandschuhen angefasst, war auf einmal der Antipode, das Verhältnis zu Russland „schlechter, als es je war“. Dann wieder die Relativierung. Zu erleben ist also ein Staatschef, der sich von täglich neuen Impulsen steuern lässt. Trump, der Mann ohne Kompass.

Es sind nicht nur die Tweets, mehr noch ist es der Eindruck, dass hinter der Sprunghaftigkeit ein gedankliches Vakuum steckt, das Fehlen einer auch nur halbwegs geordneten Strategie. Hat Trump eine Art Strafaktion mit Marschflugkörpern im Auge? Oder setzt er auch Flugzeuge ein, was das Risiko einer Kollision mit Russland deutlich erhöhen würde? Geht es ihm allein um eine Demonstration militärischer Stärke? Oder ist er nun doch bereit, auf längere Sicht in dem Bürgerkriegsland Flagge zu zeigen?

Als er vor einem Jahr 59 Cruise Missiles auf eine syrische Luftwaffenbasis abfeuern ließ, handelte er im burschikosen Alleingang. Diesmal zimmert er an einem Bündnis mit den Alliierten, zumindest mit Großbritannien und Frankreich. Dass Washington Partner ins Boot holen will, lässt die Handschrift politisch erwachsener Ratgeber, allen voran die von Mattis, erkennen.  Das Warten auf die Europäer wiederum mag allein schon die Verzögerung erklären. Es wäre eine Sache vertraulicher Diplomatie und stillen Nachjustierens, aber keine Blamage, könnte sich Trump in seinem egomanischen Mitteilungsdrang bremsen. 

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