Jubiläum des legendären Festival Musik, Spaß und Freiheit – Woodstock lebt seit 50 Jahren

Ende der 1960er Jahre ist die Welt in Aufruhr. Vietnamkrieg, Proteste, Bürgerrechts-, Friedens- und Hippiebewegung. Eine Epoche, in der alles möglich zu sein scheint – im Guten wie im Bösen.

 Reinhardt_Thomas

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Foto: SZ/Robby Lorenz

Im April 1968 wird Martin Luther King erschossen, am 5. Juni Bobby Kennedy ermordet. Am 21. Juli 1969 landen die ersten Menschen auf dem Mond – und knapp drei Wochen später folgt ein gigantisches Ereignis wie von einem noch ferneren Himmelskörper: das Woodstock-Festival.

Vom 15. bis zum Morgen des 18. August treten 32 Bands und Solokünstler auf, darunter Janis Joplin, Joe Cocker, Santana, Canned Head, Creedence Clearwater Revival oder The Who. Und dann natürlich: Jimi Hendrix. Der Gitarrengott aus Seattle/Washington sorgt zum Ausklang der dreieinhalb Tage im Zeichen von Liebe und Musik für einen historischen Paukenschlag, zerlegt in einer wilden Orgie aus verzerrten, jaulenden Gitarren-Klängen die amerikanische Nationalhymne. Seine „Star Spangeld Banner“-Interpretation gilt bis heute als politischer Kommentar und Protest, unter anderem gegen den Vietnam-Krieg – und zeichnet auf drastische Art und Weise das Bild einer gespaltenen Nation.

Denn der Krieg in Vietnam will kein Ende nehmen und zudem lähmen Rassenunruhen das Land. Neben der Friedensbewegung entsteht in den USA die Hippiebewegung, deren Anhänger sich für ein friedlicheres und humaneres Leben einsetzen – „Make love not war“ heißt das Motto. Der Höhepunkt dieser Bewegung ist das Woodstock-Festival – bis heute ein Mythos.

Längst wissen wir alle, dass dieses Riesen-Happening mit über 400 000 Besuchern nahe der Kleinstadt Bethel im US-Bundesstaat New York, 70 Kilometer vom vorgesehen Veranstaltungsort Woodstock entfernt, auch eine katastrophal schlecht organisierte kommerzielle Veranstaltung war. Bei der es drei Todesfälle gab (einen Unfall und zwei Drogentote), bei der mit LSD zugedröhnte Besucher sich nackt im Schlamm wälzten und kopulierten.

Bis heute gehen die Meinungen um die Bedeutung von Woodstock – musikalisch und vor allem gesellschaftspolitisch – weit auseinander. Ein Festival zwischen Himmel und Hölle. Für die einen drei Tage Glückseligkeit, für die anderen eine Katastrophe. Und bis heute wird vieles verklärt, wenn von Woodstock gesprochen wird. Zahlreiche Mythen haben sich zu Unrecht hartnäckig gehalten. Dennoch: Woodstock hat eine ganze Generation beeinflusst, die Mutter aller Festivals hat das 20. Jahrhundert geprägt. Die Hippiebewegung mündet im Mainstream, aus Subkultur wird Popkultur. In aller Welt etablieren sich in der Folge Open-Air-Festivals. Bis heute lebt die Idee von Freiheit, Toleranz, Musik und Spaß – wenigstens für ein paar Tage. Das hat gerade wieder eines der Woodstock-Enkel bewiesen, das 21. Rocco-del-Schlacko-Festival. Wurde damals gegen den Krieg protestiert, so stehen Musiker und Besucher heute im Kampf gegen Neonazis und gegen Hassprediger wie Trump und Konsorten zusammen.

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