Glosse Tag des Bleistifts

Früher wäre der Tag möglicherweise einfach so an der Menschheit vorbeigerauscht. Doch kollektive neue Zeitpolster bringen auch neue Chancen für den heutigen Tag des Bleistifts.

Denn dieses Schreibgerät spielt zwar im digitalen Zeitalter keine so große Rolle mehr. Aber das wirft kein schlechtes Licht auf den Bleistift, sondern eher auf den Menschen. Zeigt doch das Benutzen eines Bleistifts eine Einsicht in die eigene Fehlbarkeit: Denn zum Bleistift gehört untrennbar der Radiergummi, früher in Schulen zärtlich „Ratzefummel“ genannt. Was mit dem einen geschrieben wird, kann mit den anderen wieder ausradiert werden. Das ist ein bewusster, achtsamer Akt – im Gegensatz zum Löschen einer Smartphone-Notiz mit einem Klick. Und beim Wegradieren gilt auch, was viele sich wünschen: Man geht nie so ganz. Etwas bleibt immer zurück.

Und kleine Biotope des aussterbenden Bleistifts scheinen sich noch zu halten – etwa hinterm Ohr des Metzgers. Wie irritiert wäre der Kunde, wenn dort plötzlich ein Tablet klemmt! Selbst Häftlinge oder sich eingesperrt fühlende Ehepartner huldigen bisweilen dem guten alten Schreibgerät: Wenn ihnen alles zu viel wird, gehen sie stiften. 

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