Literatur William Gass, ein Erzähler von Grausamkeiten, ist tot

Saarbrücken · () 30 Jahre arbeitete er an seinem hierzulande bekanntesten Roman, dem Tausendseiter „Der Tunnel“, in dem William Gass seine Hauptfigur, einen US-Historiker mit Spezialgebiet NS-Zeit namens William Frederick Kohler, unter seinem Haus einen Tunnel graben lässt und voller Häme den „Faschismus des Herzens“ in seinem Umfeld studieren.

Gass’ „Tunnel“ wurde ob seiner experimentellen Sprachartistik mit Joyce verglichen (und seine Hauptfigur mit Trump), dennoch hielten wohl die wenigsten die 1100 Seiten durch. Menschliche Grausamkeit interessierte Gass auch sonst: Im Zentrum seines letzten, 2016 bei uns erschienenen Romans „Mittellage“ steht ein Musikprofessor, der  davon beseelt ist, ein „Museum der Unmenschlichkeit“ zu bauen. Beide Romane erzählen nebenbei mit amerikanischem Blick von Deutschland. Wie seine Figuren war auch Gass, der 1924 in Fargo zur Welt kam und nun mit 93 Jahren in Missouri starb, Hochschullehrer (er lehrte Sprachphilosophie), weil er von der Literatur nicht leben konnte. Die Literaturkritik schlug ihn der Postmoderne zu und verglich ihn mit Thomas Pyn­chon und John Barth.

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