Wie Kamioka junge Musiker durch Mahlers Erste lotste

Saarbrücken · Der Ex-Generalmusikdirektor des Saar-Staatsorchesters, Toshiyuki Kamioka, dirigierte am Freitag das Orchester der Musikhochschule, das Mahlers anspruchsvolle erste Sinfonie und Mozarts Fagott-Konzert zu meistern hatte.

Lag's am Programm oder an den Mitwirkenden? Jedenfalls kämpfte man am Freitagabend im Konzertsaal der Musikhochschule um die letzten freien Plätze. Für das Fagottkonzert des 18-jährigen Mozart, das am Anfang stand, kam zum klein besetzten Hochschulorchester unter Leitung von Toshiyuki Kamioka der neue Fagott-Professor Guilhaume Santana als Solist. Seine Virtuosität und Tonschönheit, die man bei einem Solobläser der Deutschen Radiophilharmonie voraussetzen darf, ergänzte Santana durch Phantasie und Witz, um unter Ausnutzung aller Register seines Instrumentes den vielen kleinen Kadenzen den Charme Mozartscher Operngestalten zu verleihen. In sympathischer Bescheidenheit tat er sich für die Zugabe mit vier seiner Schüler zu einem Fagott-Ensemble zusammen, das mit einem Stück von Albéniz gekonnt und spritzig andalusische Folklore in den Saal zauberte.

Dann füllte sich die Bühne für Mahlers 1. Sinfonie, die mit ihren beachtlichen technischen Hürden für die Streicher und herausfordernden Solopartien der Bläser schon für Profi-Ensembles eine Herausforderung darstellt. Das nervöse Umspringen der Tempi, der Gestik und der Ausdrucksinhalte - all das war für den Taktstockvirtuosen Toshiyuki Kamioka kein Problem, bedeutete aber für viele der Studenten den bekannten Wurf ins kalte Wasser. Doch sie schwammen um ihr Leben, und sie erreichten das rettende Ufer. Dass es neben Kamiokas vom 21. Jahrhundert geprägter Interpretation noch andere gibt, die mehr von Mahlers Fin-de-siècle-Melancholie überliefern und mehr von seiner Lust an Ländler-Seligkeit und Caféhaus-Naivität, werden die jungen Musiker später im Berufsleben noch erfahren. Den stürmischen Beifall gab Kamioka ans Orchester weiter.

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