Interview Werden die Menschen immer dümmer?

Der Kabarettist über sein neues Programm „DoppelHirn“, soziale Medien, „Gutmenschen“ und die AfD.

 Detlev Schönauer bei einem Auftritt im Bahnhof Püttlingen.

Detlev Schönauer bei einem Auftritt im Bahnhof Püttlingen.

Foto: Kerstin Krämer

Sein erstes abendfüllendes Kabarett-Programm hat Detlev Schönauer vor 35 Jahren präsentiert, im damals noch existenten „Theater im Stiefel“ am St. Johanner Markt in Saarbrücken. 25 weitere Programme folgten. Nun feiert Schönauer (63)  sein Bühnenjubiläum mit einem neuen Solo: „DoppelHirn – Wundersame Familienvermehrung in Jacques‘ Bistro“.

Wovon handelt das Programm?

SCHÖNAUER Da wir mit Jacques einen ehemaligen Diplom-Physiker sowie quirligen Gastwirt und mit seinem Bruder einen Bio-Lehrer an Bord haben, liegen viele Themen schon auf der Hand: Bildung, Schule, Intelligenz, Dummheit, der allgemeine Werteverfall, aber auch die Kirche. Aktuell Politisches wie die Wahl wird es außerdem geben sowie musikalische Schmankerl in bekannter Manier.

Jacques hat einen – bislang unbekannten – Bruder? Kommt daher der Name „DoppelHirn?“

SCHÖNAUER Ursprünglich wollte ich ein Programm schreiben, in dem nach bewährter Art vor allem der Kneipenphilosoph Jacques agiert. Doch als ich dann mehrfach gefragt wurde, ob man auch mal den „Mainzer Lehrer“, den ich ein paarmal in der TV-Fastnachtssitzung „Mainz bleibt Mainz“ präsentieren konnte, im Bühnenprogramm erleben könne, war das für mich ein interessanter Aspekt – deshalb stehen jetzt beide auf der Bühne. Da sie sich äußerlich wie ein Ei dem anderen gleichen, stellt Jacques den Mainzer Lehrer als seinen erst kürzlich entdeckten Zwillingsbruder vor. Warum der eine französelt, während der andere Mainzer Dialekt spricht, warum der eine Franzose und der andere Deutscher ist: Diese etwas kuriose Geschichte erfährt man in meinem neuen Programm.

Sie sind nicht nur examinierter Kirchenmusiker, sondern wie Jacques studierter Physiker. Jacques Bruder ist Lehrer – haben Sie ebenfalls mal mit einer Laufbahn als Pädagoge geliebäugelt? Und welche Zielgruppe möchten Sie mit dem auch als Denk-Appell zu verstehenden  Titel „DoppelHirn“ ansprechen?

SCHÖNAUER Der Lehrerberuf hätte schon auf der Hand gelegen, aber als Kabarettist habe ich es doch wesentlich einfacher. Denn ein Pädagoge muss täglich in seinem Unterricht quasi „ein neues Programm“ präsentieren und sein „Publikum“ immer wieder neu motivieren – zu mir kommen die Zuschauer ja freiwillig. Natürlich ist mir ein gewisses intellektuelles Niveau wichtig. Mein Publikum honoriert das auch: Gerade Lehrer, Ärzte oder Anwälte zähle ich seit Jahren zu meinen treuesten Zuschauern. Aber ich möchte natürlich alle Kabarettbegeisterten ansprechen. Viele Inhalte gewinne ich aus Zeitungen, von verschiedenen TV-Kanälen, neuerdings natürlich auch aus den sozialen Medien, und mich beschleicht mehr und mehr das Gefühl, dass meine Mitmenschen immer dümmer werden, vielleicht erscheinen sie auch nur so. Daher ist das ein wichtiges Thema, so wie schon in meinem vorletzten Programm „Geist ist geil“.

Was genau meinen Sie mit Dummheit? Allzu liberales, naives „Gutmenschentum“? Auf Facebook etwa nehmen Sie diesbezüglich kein Blatt vor den Mund und laufen deswegen öfter Gefahr,  in die rechte Ecke gestellt zu werden.

SCHÖNAUER Bei vielen Mitmenschen habe ich den Eindruck, dass sie nicht mehr so gerne selbst denken, sondern andere Meinungen unkritisch übernehmen, was gerade in den sozialen Medien so bequem ist. Das gilt auch für so manchen „Gutmenschen“. Gerade in der Flüchtlingsdebatte hätte ich mir mehr kritisches Hinterfragen gewünscht. Es gibt nämlich nicht nur schutzbedürftige Kriegsflüchtlinge, sondern auch Menschen, die aus wirtschaftlichen Gründen zu uns kommen. Es gibt auch Kriminelle, es gibt Terroristen, es gibt Gefährder, und das alles sind für mich eben keine Flüchtlinge, denen unser Grundgesetz Schutz gewährt. So wundert mich nicht, dass viele Bürger bemängeln, wenn ihre Ängste nicht ernst genommen werden. Das Bundestags-Wahlergebnis zeigt das ja mehr als deutlich. Bezeichnend, wenn dann noch am Wahl­abend etablierte Politiker dieses Versäumnis direkt eingestehen – hätten sie das früher getan, gäbe es keine AfD im Bundestag.

Die Fragen stellte Kerstin
Krämer.

Premiere von „DoppelHirn“: Freitag, 6. Oktober, 20 Uhr, Congresshalle. Weitere Termine unter www.schoenauer.de; Karten bei allen Vorverkaufsstellen und unter www.ticket-regional.de.

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