Jazz Wenn portugiesischer Fado auf Blue Notes trifft

St. Ingbert · Am Sonntag endete das Jazzfestival St. Ingbert fulminant.

Von Bigband bis Fado reichte das Spektrum des 32. Internationalen Jazzfestivals St. Ingbert. „Fado meets Jazz“ lautete nun das Motto des sonntäglichen Finales – ein Versprechen, das nicht eingelöst wurde. Denn der Auftritt der portugiesischen Sängerin Carminho in der erneut gut besuchten Stadthalle war zwar ein in jeder Hinsicht wunderbares Erlebnis. Aber was hatte die Kooperation ihres angestammten Begleit-Trios und des Schweizer Klassik Nuevo Orchestra mit Jazz zu tun? Nichts. Auch wenn Carminho in ihrer Moderation argumentierte, dass Fado wie Jazz Anarchie bedeute. Das ist, zumindest musikalisch gesehen, äußerst fragwürdig – mit dieser Begründung ließe sich auch Punkrock als Jazz verkaufen. Vielmehr wurde durch die Integration des eidgenössischen Streicherensembles der authentische Fado um eine sinfonische Dimension erweitert. Und das bot erlesene Momente, wirkte doch der addierte Streicherschmelz als Katalysator für die emotionale Ausdruckskraft des portugiesischen Blues: ganz großes Gefühlskino.

Carminho ist als Tochter einer Fadosängerin, die selbst ein „Fado-Haus“ betrieb, mit der Tradition groß geworden. Kein Wunder also, dass die Vokalistin das komplette gestische und mimische Repertoire der Verzweiflung perfekt beherrscht. Wichtiger: Die temperamentvolle Mittdreißigerin verfügt über ein betörend warmes und voluminöses Timbre – eine dunkle, leicht heisere und große Stimme; kehlig, verheißungsvoll, verletzlich, die sie gerne voll aussingt. Ihr fabelhaft eingespieltes Trio, besetzt mit portugiesischer Cister, akustischer Gitarre und ebensolchem Gitarrenbass, meistert innige Passagen ebenso wie halsbrecherische Griffbrettmanöver und Duelle der Musiker untereinander. Denn Fado meint nicht nur Tristesse, er bedeutet auch pralle Lebenslust und tänzerisches Feuer. Das neu gegründete Klassik Nuevo Orchestra fügte sich harmonisch ein und hob das Konzert auf ein besonderes kammermusikalisches Niveau. Zum Schluss: Standing Ovations.

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