Saarbrücker Ophüls-Festival Warum sieht es in Japan aus wie in Saarbrücken?

Saarbrücken · Das Werkstattgespräch mit der Ehrenpreisträgerin (und famosen Erzählerin) Doris Dörrie war eine muntere Angelegenheit.

 Regisseurin Doris Dörrie („Männer“, „Kirschblüten – Hanami“) beim Gespräch im Kino.

Regisseurin Doris Dörrie („Männer“, „Kirschblüten – Hanami“) beim Gespräch im Kino.

Foto: Oliver Dietze /MOP/Oliver Dietze

Niemand trampt in Japan – außer Doris Dörrie. „Ich war wie eine Erscheinung“, erzählte die Regisseurin und Autorin am Mittwochabend im Cinestar. „Und ich weiß bis heute nicht, wo ich überall war.“ 30 Mal war sie bisher in Japan, dessen Städte sie nicht selten an ihre alte Heimat Hannover und auch an Saarbrücken erinnern: „Städte, die zerbombt wurden und dann schnell wieder hochgezogen wurden.“

Einige Filme drehte sie in Japan, darunter „Erleuchtung garantiert“ mit Uwe Ochsenknecht in einem buddhistischen Kloster („Er kann meditieren wie eine Eins“) und „Grüße aus Fukushima“, der im Kino vor dem Gespräch lief, das Felix Mauser moderierte. Von dem ersten Besuch in Fukushima, elf Kilometer vom zerstörten Atomkraftwerk entfernt, war Dörrie „noch erschütterter als ich erwartet hätte. Das Gehirn kann nicht verarbeiten, dass einfach alles weg ist.“ Dörries Fukushima-Film hat in Japan dort, wo er gezeigt wurde, „Tränenströme“ ausgelöst – auch weil das Thema sonst kaum behandelt werde. „Die Katastrophe wird politisch komplett verdrängt. Wenn dort jemand gegen Atomkraft demonstriert, sind das alte Menschen – die Jungen haben damit komplett abgeschlossen.“ Gedreht habe sie in Fukushima erst, als die Strahlung dort niedriger gewesen sei als die in München. „Kein Film ist es wert, für ihn seine Gesundheit oder die von anderen zu ruinieren.“ Kollege Werner Herzog („Fitzcarraldo“) sehe das wohl anders, „aber das ist vielleicht eine männliche Art des Filmedrehens“. Mehr Männlichkeit indes hatte sich eine japanische Schauspielerin in einem Dörrie-Film gewünscht: „Damit, dass eine Frau Regie führt, kam sie nicht zurecht.“

Dörrie (62) unterrichtet neben ihrer Regie- und Autorenarbeit an der  Hochschule für Fernsehen und Film München (HFF). Über den Filmemacher-Nachwuchs wundert sie sich manchmal. „Die Studenten kommen mit viel Vorwissen – mehr, als wir damals hatten – , aber wollen nur wenig Neues wagen.“ Das sei früher, zu ihrer Studentenzeit anders gewesen, aber auch nicht immer zwingend besser: Wenn Jungfilmer etwa mit Kameras in einen See sprangen, in der irrigen Annahme, es wären Unterwasserkameras. Oder wenn sie beim Filmen gerne ganz auf ein Drehbuch verzichteten. Ihren Filmstudenten legt sie ans Herz, „angstfrei“ zu sein, auch wenn sie weiß, dass das angesichts beruflicher Ungewissheit nicht leicht ist. „Aber sie sollten jetzt den ‚crazy shit’ machen, den sie später nicht mehr machen können.“

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