Von der Haut auf die Wand

Saarbrücken · Der gefragte Saarbrücker Tattoo-Künstler Alex Hoffmann zeigt ab heute in der Galerie Neuheisel Arbeiten auf Papier, Leinwand und Stoff.

 Alex Hoffmann erläutert seine roh und archaisch anmutenden schwarz-weißen Tattoo-Motive.

Alex Hoffmann erläutert seine roh und archaisch anmutenden schwarz-weißen Tattoo-Motive.

Foto: Anika Meyer

"Alles ganz gechillt, alles ganz locker hier", sagt Alex Hoffmann mit einer einladenden Geste und man fühlt sich sofort willkommen in seinem Tattoostudio im Nauwieser Viertel in Saarbrücken. Wobei "Tattoostudio" womöglich falsche Assoziationen weckt - von zwielichtigem Hinterhof-Flair fehlt hier jede Spur. Weiße Wände, heller Holzfußboden und eine klare, stilvolle Einrichtung empfangen den Besucher. Das Hinterzimmer mit der Tätowierliege ist vorwiegend in Schwarz gehalten, es läuft leise, ethnomäßige Musik und es riecht nach Räucherstäbchen - pardon, Palo Santo, einem Räucherholz südamerikanischer Schamanen. "Das hat nicht den typisch-süßen Räucherstäbchenduft, den man überall riecht."

Denn wenn dem 26-Jährigen eines widerstrebt, ist es Abgedroschenheit und Nullachtfünfzehn-Mentalität. Deshalb wird bei ihm auch nicht irgendwas tätowiert, sondern ausschließlich seine eigenen Entwürfe kommen unter die Haut: Jeden Monat präsentiert er ein neues Poster mit Zeichnungen, aus denen die Kunden wählen können. Denn Hoffmann hat den Anspruch, nur das anzubieten, was er wirklich kann und wofür er steht. "Man bucht ja auch keine Rap-Crew und sagt, jetzt spielt mal ein Heavy-Metal-Konzert", erklärt er. "Retro23" - so nennt er sich als Tätowierer - ist eben kein Auftrags-Handwerker, sondern er versteht sich als Künstler.

Der gebürtige Landauer hat an der Saar-Kunsthochschule (HBK) Kommunikationsdesign studiert und schon an Ausstellungen teilgenommen und Auftragsarbeiten ausgeführt, bevor er zum Tätowieren kam. In der Galerie Neuheisel war Hoffmann bereits bei Gruppenausstellungen vertreten, jetzt hatte Leiter Benjamin Knur ihm ein Solo-Projekt vorgeschlagen. Zu sehen sind dort Großformate auf Leinwand und Papier, die, wie Hoffmann erklärt, in der Linie seiner Illustrationen stehen und von den Tattoos unabhängig sind. "Diese Sachen sind zumeist weniger figürlich und konkret, dafür sehr frei und spontan."

Als Tätowierer würde Hoffmann selbst sich nicht bezeichnen. "Ich bin einfach ein Macher und stoße in alle Bereiche vor, die mich interessieren." Ob Acryl auf Leinwand, Graphit auf Papier oder Tinte auf Haut - das bedeutet für ihn nur einen Medienwechsel. Und in allen Fällen sind seine Bilder zumeist monochrom. Er mag es roh, essentiell und unverfälscht. "Durch die Beschränkung kann ich aus dem Wenigen mehr rausholen." Vor seinem inneren Auge entstehen für Sekunden Bilder, die er spontan einfängt und wiedergibt. Schwarz-weiße Strukturen bilden detailreiche Motive, die häufig an traditionelle Kunst alter Kulturen, etwa der Ägypter oder amerikanischer Ureinwohner, erinnern. Mit Bedeutung und Emotionen solle der Betrachter beziehungsweise Tattoo-Besitzer das Motiv selbst füllen. Ohnehin sei ein Tattoo etwas sehr Persönliches und schon der Entstehungsprozess ausgesprochen intim. "Die Leute müssen sich ja häufig ausziehen und dann über Stunden Schmerzen erdulden." Außerdem komme das Tattoo aus einem spirituellen, rituellen Kontext und auch heute habe es für viele ähnliche Bedeutung. "Ein Tattoo leitet oft einen neuen Lebensabschnitt ein." Deshalb nimmt sich Hoffmann für jeden Kunden viel Zeit, geht mit ihm noch einen Kaffee trinken oder ähnliches. Das Tätowieren wird zur Zeremonie. Hoffmanns Kunden kommen inzwischen aus der gesamten Republik, seine Tattoo-Kunst spricht sich in der Szene herum. Seinen eigenen Körper zieren übrigens 35 bis 40 Tattoos - genau weiß er es gar nicht.

Heute um 19 Uhr beginnt die Vernissage zur Ausstellung "After the world ends" in der Galerie Neuheisel (Johannisstr. 3a). Sie läuft bis 29. Oktober. Geöffnet: Di 10-14 Uhr, Do 13-19 Uhr, Sa 12-14 Uhr.

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