Neuer Saarbrücker Kulturort? Das Umwandeln eines Umwandlerhauses

Saarbrücken · Derzeit stellen Saarbrücker HBK-Absolventen im Trafohaus auf den Saarterrassen aus – könnte hier nicht mehr entstehen?

 Das „Trafohaus“ auf den Saarbrücker Saarterrassen, in dem zu Zeiten der Burbacher Hütte Trafos lagerten. 

Das „Trafohaus“ auf den Saarbrücker Saarterrassen, in dem zu Zeiten der Burbacher Hütte Trafos lagerten. 

Warum eigentlich nicht? Ließe sich die alte Trafostation auf den Saarbrücker Saarterrassen, wo derzeit Kunsthochschüler ihre Diplomarbeiten ausstellen, nicht ganzjährig als Kulturort etablieren? Wer dort in diesen Tagen vorbeischaut – am kommenden Wochenende (Sa und So: 12 bis 18 Uhr) besteht vorerst letztmals anlässlich der HBK-Schau Gelegenheit dazu –,­ entdeckt einen Ort, der einen mit seinem ungeschminkten Industriekulturcharme bezwingt. Patina, Authentizität, Raumcharakter – alles in Hülle und Fülle vorhanden.

Doch sobald man die Probe aufs Exempel macht, sprich die Möglichkeiten einer mehr als sporadischen Nutzung des Trafohauses (möglichst unter weitgehendem Erhalt seiner jetzigen Verfallsästhetik) auszuloten beginnt, wird die Sache kompliziert. Wie immer. Ein Anruf bei Jürgen Schäfer, Geschäftsführer der Saarbrücker GIU (Gesellschaft für Innovation und Unternehmensförderung), die als 100-prozentige Tochtergesellschaft der Landeshauptstadt Eigentümer der phantastischen Immobilie ist. Eine Modernisierung des im GIU-Jargon „5 KV-Station“ heißenden Klinkergebäudes, um dessen Potenzial die GIU durchaus weiß, sei „relativ einfach“ zu realisieren, erzählt Schäfer. Auch aufzustocken sei kein Problem. Und solange es kein konkretes Nutzungskonzept gebe, könne man die Trafostation der HBK bis auf Weiteres für ihre jährlichen Absolventen überlassen. Anders als die am Südgiebel andockende „Weckerhalle“ steht das frühere Trafo­haus der stillgelegten Burbacher Hütte Schäfer zufolge zwar nicht unter Denkmalschutz, einen Abriss des zweigeschossigen, jeweils 220 Quadratmeter messenden Blocks beabsichtigt die  (gleich nebenan residierende) GIU jedoch nicht. Ist da also ein kleines Hintertürchen offen?

Wenn man so will, wird das Trafo­haus ja bereits dauerhaft als Kultur­ort genutzt: Im Obergeschoss sind seit etwa 15 Jahren vier weitläufige Ateliers untergebracht. Wenn auch ohne Heizung und Sanitäranlagen. Ließe sich im Untergeschoss, wo gerade die temporäre HBK-Schau läuft, mit minimalem Aufwand (Ersetzen der kaputten Glasfenster) nicht Ähnliches machen? Könnten dort nicht ganzjährig Kunstausstellungen laufen? Selbst wenn man alles so beließe, wie es ist – zum Nulltarif ließe sich das nicht machen, sagt Schäfer. Um Sanitäranlagen und ein Heizungsystem, das deren Einfrieren im Winter verhindere, komme man nicht herum. „Einmal angenommen, die Stadt würde uns bitten, das Trafohaus zur Dauereinrichtung zu machen, müsste man sich über Investitionen und Nebenkosten unterhalten.“ Es ehrt Schäfer, sich auf solche Gedankenspiele überhaupt einzulassen.

Also gleich noch eines: Wäre es eine Überlegung wert, das seit Längerem (allerdings im finanziell luftleeren Raum) diskutierte, Saarbrücken fehlende Musikzentrum (Probenräume und ein Club für Konzerte mit 300-350 Leute) vielleicht in dem alten Backsteinensemble (Weckerhalle + Trafohaus) unterzubringen. Ganz ins Blaue gesprochen. Und ohne damit etwa die Saarterrassen gegen den bislang dafür favorisierten Standort am Osthafen ausspielen zu wollen. Ein völlig hypothetisches Gespräch im Konjunktiv also: wäre, könnte, würde? Nun, meint der GIU-Geschäftsführer und erzählt eine alte Geschichte: Als die Saarterrassen Mitte der 90er entwickelt wurden, luden Schäfers Vorgänger damals den Liedermacher Konstantin Wecker zum Konzert in die an die „5 KV-Station“ angrenzende, denkmalgeschützte Halle ein – weshalb sie seither „Weckerhalle“ heiße. 350 Leute würden da wohl hineinpassen. Um die Halle, von der heute nur noch die Hülle übrig ist, und das Trafo­haus zum Musikzentrum auszubauen, müsste man „sicher vier bis fünf Millionen“ in die Hand nehmen, überschlägt Schäfer. Geld, das die Stadt nicht hat. Außerdem: Ließen sich überhaupt schallisolierte Proberäume realisieren? Und dann wäre da noch die ab 200 Nutzern wirksame „Versammlungsstättenverordnung“ – das Schreckgespenst aller idealistischen Plänemacher.

Hätte Saarbrücken einen Kulturdezernenten, der mit seinem Furor und Feuer diesen Idealisten Flügel verleihen (und die Stadtverordneten anstecken) könnte – dann, ja dann vielleicht würde hier etwas entstehen. Und sei es nur ein improvisierter Ausstellungsort. Aber eben nicht nur an zwei, drei Wochenenden im Jahr, sondern ganzjährig. Nur: Dazu müssten erst einmal mehr Künstler diesen Ort als den ihren entdecken.

Finissage der HBK-Absolventenschau in der Trafostation (Heinrich-Barth-Str 17) am kommenden Wochenende: Samstag und Sonntag von 12 bis 18 Uhr. Die gezeigten Arbeiten lohnen den Besuch.

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