Experimente an der HBK Träume, Schäume, Badelatschen

Saarbrücken · Studenten der Saar-Kunsthochschule konnten mit einem neuen Werkstoff experimentieren. Herausgekommen ist dabei unter anderem eine sogenannte Ecolette – eine Einweg-Badelatsche.

 HBK-Student Lukas Maximilian Hartz mit einigen der Experimental-Objekte aus Ecovio, einem neuen Schaumstoff.

HBK-Student Lukas Maximilian Hartz mit einigen der Experimental-Objekte aus Ecovio, einem neuen Schaumstoff.

Foto: Kerstin Krämer

Wäre eine umweltverträgliche Alternative zu Styropor nicht großartig? Ein recyclingfähiger Partikelschaum, der vergleichbare Eigenschaften besitzt und sich industriell ähnlich gut verarbeiten lässt? Der leicht, wärmedämmend, kälteisolierend und relativ witterungsbeständig ist? Der eine stoßdämpfende Wirkung hat und sich in fast jede erdenkliche Form bringen lässt – quasi universell einsetzbar?

Die gute Nachricht: Es gibt ihn bereits. Ecovio EA heißt das Material, ein Patent der BASF: der weltweit erste expandierbare (aufschäumbare) Schaumstoff auf biologischer Basis, der vollständig wiederverwertbar ist. Allerdings nicht, indem man ihn einfach in der freien Natur kompostiert: Ecovio verrottet erst bei 60 Grad in modernen Anlagen. Ecovio besteht aus dem biologisch abbaubaren Kunststoff Ecoflex, einem Polymer auf Erdölbasis, und aus Polymilchsäure, die aus der Stärke von Mais oder anderen zuckergenerierenden Pflanzen wie Maniok, Weizen, Kartoffeln oder Tapioka gewonnen wird. Es besitzt eine bessere Beständigkeit als fossiles Styropor, und weil es obendrein ein exzellentes Multi-Schock-Verhalten aufweist, eignet es sich besonders gut als stoßfestes Verpackungsmaterial.

Aber auch für diverse andere alltagstaugliche Zwecke, wie angehende Produktdesigner der Hochschule der Bildenden Künste Saar (HBK) demonstrieren: Unter Leitung der Dozenten Mark Braun, Hannes Käfer und Thomas Schnur konnten zwölf Studenten im Wintersemester auf Einladung und in Kooperation mit der BASF Designfabrik mit Ecovio experimentieren. Die Entwürfe ihres Projekts F.O.A.M. (Schaum), die im Digitalen Produktionszentrum der HBK realisiert wurden, zeigten sie im Januar auf der renommierten Kölner Ausstellungsmesse „Imm Cologne“ – bei den „Pure Talents“, der Plattform zur Förderung internationaler Nachwuchsdesigner.

„Diese Messe war natürlich eine tolle Gelegenheit für uns Studenten, unser Projekt nicht nur der breiten Öffentlichkeit, sondern auch einem Fachpublikum vorzustellen“, freut sich Teilnehmer Lukas Maximilian Hartz. „Wir haben viele positive Rückmeldungen bekommen, eben weil wir kein konventionelles klassisches Industriedesign präsentiert haben.“ Denn im Studiengang Produktdesign werden die Themen Nachhaltigkeit und Umwelt groß geschrieben. Schon beim traditionellen weihnachtlichen Design Bazaar beschäftigten sich die HBK-Studenten ganz explizit mit dem Thema Recycling, und auch das Projekt F.O.A.M. wurde nun außer von ausgiebigen Materialstudien auch von intensiven Recherchen zu Wertstoffkreisläufen begleitet.

Das Ergebnis: kreative wie praxistaugliche, temporär haltbare und ökologisch belastbare Entwürfe – von der kompostierbaren Badelatsche bis zum verrottbaren Surfbrett, vom recyclingfähigen Bienenkorb bis zur wiederaufbereitbaren Nackenrolle. Ganz zu schweigen von ebensolchen Möbeln beziehungsweise Möbelmodulen, etwa schwungvoll geformten Liegen oder Trennwänden im Bauklötzchen-Prinzip. Freilich mussten die großen Entwürfe noch aus Styropor gefertigt werden, weil Ecovio noch nicht in ausreichender Menge zur Verfügung stehe, wie Hartz berichtet: Tatsächlich konnten die HBK-Studenten nur auf tellergroße, dicke Scheiben zur Weiterverarbeitung zurückgreifen. Teurer in der Herstellung als EPS sei das Material bislang auch noch, und zur Haltbarkeit ließen sich ebenfalls noch keine definitiven Aussagen treffen.

Aber den von der BASF Designfabrik erhofften Zweck erfüllen die HBK-Prototypen allemal: potenziellen Kunden die praktische Nutzanwendung des Materials zu demonstrieren. Ausgangsstoff sind winzig kleine, graphitgraue Kügelchen, die mit Wasserdampf unter Druck aufgeschäumt werden. „Das ploppt auf wie Popcorn“, erläutert Hartz. Dieses Granulat lässt sich nun weiter in Form schäumen und dann zurecht schneiden. Aber wie elastisch ist das Zeug? Lässt es sich biegen? Wenn ja, wie? „Ich habe einen Berg an gescheiterten Versuchen zuhause“, erzählt Hartz lachend. Hartz ist der Erfinder der Ecolette, einer Einweg-Badelatsche, die beispielsweise im Sauna- oder Hotelbereich Verwendung finden könnte. Durch ausgiebiges Herumprobieren fand er heraus, dass er für eine flexible Sohle einzelne dünne Schichten übereinander kleben musste. Und dem brüchigen, weil dünnen Riemchen rückte er mit einem Bügeleisen und Backpapier zu Leibe – durch das Fett und die Hitze verschmolz die Außenhaut, und das Riemchen wurde deutlich weicher und stabiler. Nun taugt das Ding. Hartz: „Aber bis so ein Prototyp tatsächlich auf den Markt kommt und in Serie geht, ist‘s ein langer Weg.“

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