Neu im Kino - Tim Burtons „Dumbo“ Bei großen Sorgen helfen große Ohren

Saarbrücken · Regisseur Tim Burton war lange Garant für ein eigenwilliges Kino mit fantastischen Bildwelten – zuletzt enttäuschte er aber mit mäßigen Filmen. Jetzt hat er den Disney-Klassiker „Dumbo“ neu verfilmt. Ein Comeback für Burton?

 Eva Green als Luftakrobatin Colette und der computeranimierte Dumbo. Eva Green war zuvor in Tim Burtons Filmen „Dark Shadows“ (2012) und in „Die Insel der besonderen Kinder“ (2016) zu sehen.

Eva Green als Luftakrobatin Colette und der computeranimierte Dumbo. Eva Green war zuvor in Tim Burtons Filmen „Dark Shadows“ (2012) und in „Die Insel der besonderen Kinder“ (2016) zu sehen.

Foto: Disney Enterprises

1941 eroberte „Dumbo, der fliegende Elefant“ die Herzen der Kinozuschauer. Eine rührende Geschichte über einen Zirkus­elefanten, der wegen seiner Segelohren verspottet wird und am Ende alle überrascht. „Sehen Sie den genialsten, liebenswertesten und wunderschönsten Zeichentrickfilm, den Walt Disneys wundertätige Künstler je mit ihren magischen Pinseln geschaffen haben“, jubelte Filmkritiker Bosley Crowther damals in der „New York Times“. Ob er recht hatte – Ansichtssache. „Dumbo“ wurde jedenfalls ein Klassiker, auch in Deutschland, wo er erst 1952 zu sehen war. Jetzt gibt es eine Neuauflage mit Danny DeVito, Colin Farrell, Eva Green und einem Kurzauftritt von Lars Eidinger. Ein spannender Film mit gruseliger Unternote, der für jüngere Kinder eindeutig zu unheimlich ist.

Regisseur Tim Burton erweckt den Zeichentrickklassiker mit atmosphärisch dichten Bildern zu neuem Leben. Einmal mehr lebt er seine Vorliebe für schrägen Humor und schaurig-schöne Fantasiewelten aus, wie man das aus Filmen wie „Alice im Wunderland“ oder „Sleepy Hollow“ kennt. Die Zirkuswelt – wie geschaffen für den Regisseur? Nicht unbedingt. „Ich war nie ein großer Zirkus-Freund wegen der eingesperrten Tiere, den Clowns, den todesverachtenden Nummern, bei denen ich mich immer unwohl gefühlt habe“, sagt der 60-Jährige. „Aber die Idee dahinter hat mich natürlich berührt, sich einer schrägen Familie von Außenseitern anzuschließen, die nicht in die normale Gesellschaft passen.“ So ist sein Zirkus ein Sammelbecken für skurrile, heimatlose Gestalten.

Danny DeVito, , einst „der Pinguin“ in Burtons „Batman kehrt zurück“, bangt als Zirkusdirektor Max Medici um seine Existenz. Sein einstiger Star Holt Farrier (Colin Farrell) hat im Krieg einen Arm verloren und kann nicht mehr Dressurreiten. Eine Katastrophe – ebenso wie der Babyelefant, der mit riesigen Ohren geboren wird. Medici befürchtet den Spott der Zuschauer und hält das seltsame Tier geheim. Doch eines Tages beobachten Holts Kinder Milly und Joe etwas Unglaubliches: Dumbo kann dank seiner Segelohren fliegen. Medici ist begeistert und wittert viel Geld, ebenso wie der zwielichtige Unternehmer Vandevere (Michael Keaton). Mit Hilfe der Luftakrobatin Colette (Eva Green) will der Geschäftsmann Dumbo zur Hauptattraktion seines Abenteuerparks „Dreamland“ machen und schmiedet einen bösen Plan.

Einige Dinge, die man aus dem fast 80 Jahre alten Zeichentrickfilm kennt, sind in der Neufassung verschwunden. Der Außenseiter Dumbo bekommt keine Hilfe von einer Zirkusmaus, sondern von den Kindern Milly (Nico Parker) und Joe (Finley Hobbins). Sie wollen den einsamen und traurigen Elefanten mit seiner Mutter zusammenbringen. Verschwunden ist auch die berühmte Szene, in der Dumbo und die Maus Champagner trinken und am Ende so betrunken sind, dass sie im Rausch rosa Elefanten und andere Wunderdinge vorbeiziehen sehen.

Die größte Veränderung ist der Blickwinkel. Statt aus der Perspektive der Tiere erzählt Burton aus Sicht der Zirkusleute. So verschieben sich die Konflikte hin zu menschlichen Problemen: die Kinder, die um ihre Mutter trauern. Ihr Vater, der nicht weiß, wie er als einarmiger Kriegsveteran seine Familie ernähren soll. Oder der Zirkusdirektor, der aus Angst vor der Pleite sogar einen Pakt mit dem intriganten Vandevere eingeht. Und nicht zuletzt die Akrobatin Colette, die von einer besseren Zukunft träumt.

Burton verwebt all diese Schicksale zu einem spannenden Abenteuer, dem jedoch die Innigkeit der Vorlage fehlt. In einzelnen Momenten wird die alte Magie spürbar, etwa wenn Sharon Rooney das altbekannte Schlaflied „Baby Mine“ singt, bei dem Dumbo und seine Mutter in Zärtlichkeit verbunden sind. Doch die vielen menschlichen Dramen lenken von Dumbos Schicksal ab und lassen die feine Melancholie vermissen, die den Filmklassiker durchzieht.

Zudem wirkt der Film seltsam unentschieden. Eigentlich ist „Dumbo“ ein schönes Märchen für Kinder. Doch viele Szenen sind für sie zu unheimlich, vor allem in Vandeveres „Dreamland“, einem trostlosen Ort des schrillen Vergnügens, wo Gruselgestalten wie in der Geisterbahn lauern und wilde Tiere hinter Gittern dahin vegetieren. Genau hier steckt eine Botschaft des Films: In Gefangenschaft haben Tiere nichts verloren.

  Tim Burton, Regisseur von Filmen wie „Batman“, „Edward mit den Scherenhänden“, „Sleepy Hollow“ und „Ed Wood“.  Foto: Crossick/dpa

Tim Burton, Regisseur von Filmen wie „Batman“, „Edward mit den Scherenhänden“, „Sleepy Hollow“ und „Ed Wood“. Foto: Crossick/dpa

Foto: dpa/Matt Crossick
  Der Zirkusbesitzer mit dem schönen Namen Max Medici (Danny DeVito).  Fotos: Jay Maidment / Disney

Der Zirkusbesitzer mit dem schönen Namen Max Medici (Danny DeVito). Fotos: Jay Maidment / Disney

Foto: Photo by Jay Maidment/JAY MAIDMENT
 Der Clown (Colin Farrell) und seine Tochter Milly (Nico Parker).

Der Clown (Colin Farrell) und seine Tochter Milly (Nico Parker).

Foto: Photo by Jay Maidment/JAY MAIDMENT

„Dumbo“ läuft im Cinestar, Passage und UT (Sb), Eden (Hom), Cinetower (Nk), Odeon (Mzg), Thalia Bous, Movie World (Sls), Union (Ill), Neues Theater (Wnd), City (Leb), Schmelzer Lichtspiele, Cinema Europa (Zw), Broadway Landstuhl.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort