Thomas Kapielskis gesammelte Textschnipsel
Saarbrücken · Um letzte Dinge und die Verrohung der Sitten geht es unter anderem in Thomas Kapielskis neunem Buch, das allerlei Anekdoten, Kalauer und Geistesblitze vereint.
Auf einen Nenner lassen sich die gesammelten Texte und Textschnipsel in Thomas Kapielskis neuem Buch nicht bringen. Aber zumindest auf eine Handvoll Begriffe: Geistesblitze, Aphorismen, Anekdoten, Fantasiedialoge gelehrter Gewährsmänner, Notate, Kalauer kann man darin finden. Dieses Sammelsurium an Einfällen ist befeuert von alltäglichen Beobachtungen, wilden Lektüren und mildem Unbehagen an den Zeitläuften, man kennt das schon aus früheren Büchern des Berliners.
Kapielskis Kunst aber, so lustig, listig und zeitlos, kalauernd und manchmal auch hermetisch sie sich gibt, kommt an aktuellen Zerwürfnissen nicht vorbei. Die Welt dreht sich gerade sehr unrund, Hassprediger, anti-intellektuelle Maulaufreißer und notorisch lügende Politiker verdunkeln die Gegenwart zusehends oder tauchen sie in grelles Flackerlicht.
Dass ein Licht das andere zündet, dafür sind die aneinandergereihten Aphorismen Kapielskis der schönste Beleg. Freilich sind sie, zum Kalenderbüchlein gebunden, nicht frei von altväterlichem Kulturpessimismus und einem manchmal ein bisschen kokett daherkommenden wertkonservativen Grummeln. Wer mit dem Oeuvre des 1951 in Berlin geborenen Künstlers, Fotografen und Denkers, vertraut ist, dürfte viele Gedanken und Motive wiedererkennen: Es geht um kathartische Momente, um letzte Dinge, um Vanitas, die Verrohung der Sitten und die Vergeblichkeit allen Tuns.
Kapielski schrieb einmal, er sitze öfter nur so da, schmunzele über die Geheimnisse der Welt und lasse den Dingen ihren Lauf. Dann winkten sie ihm heimlich zu. Nun winken sie nicht nur, sondern glimmen sogar.
Thomas Kapielski: Leuchten. A-Sophorismen. Suhrkamp, 230 Seiten, 12 €.