„Suicide Kings“ auf Bluray/DVD Augen auf bei der Auswahl des Entführungsopfers!

Saarbrücken · Der kleine böse US-Krimi „Suicide Kings“ mit Christopher Walken und einigem Tarantino-Aroma erscheint in einer mustergültigen Edition fürs Heimkino.

"Suicide Kings" in mustergültiger Heimkino-Edition.
Foto: Turbine Medien

Für seine Nachahmer konnte Quentin Tarantino ja nichts in den 1990ern. Da hatte der Ex-Videothekar mit seinem Drehbuch zu „True Romance“ (inszeniert von Tony Scott), seinem kleinen und unfeinen Krimi „Reservoir Dogs“ und schließlich „Pulp Fiction“ das Gangsterfilm-Genre neu belebt: mit schrägen Figuren, langen, manchmal absurden Dialogen (gerne über Pop- oder Ess-Kultur, über Madonnas „Like a Virgin“-Single und Fast Food), dazu mit einiger Härte, was die Gewalt angeht – die Szene mit dem abgetrennten Ohr in „Reservoir Dogs“ ist nach wie vor grausig.

Das alles prägte das Kino der 1990er, viele Nachahmer paddelten in Tarantinos Fahrwasser, viel Durchschnitt war dabei. Einer der besseren Filme, die sich von Tarantino inspirieren ließen, erscheint nun als mustergültige Heimkino-Edition, mit Extras und einem sehr guten Booklet von Filmwissenschaftler Stefan Jung.

Ein Finger weniger

Zu viel der Ehre? Nein, denn „Sucide Kings“ aus dem Jahr 1997 hat seine Meriten – eine davon heißt Christopher Walken, der dieser Tage seinen 77. Geburtstag gefeiert hat. Er spielt Bartolucci, einen Mafioso, der sich in die mehr oder weniger legale Frührente verabschiedet hat – aber seine alten Verbindungen hat er noch. Und die wollen eine Handvoll junger Männer nutzen, die ihn kurzerhand entführen: Denn die Freundin einer der Männer ist verschleppt worden, das Lösegeld lässt sich nicht auftreiben, und deshalb soll es der nahezu legendäre und immer noch gefürchtete Ex-Mafioso richten. So findet der sich in einer Villa wieder, mit meterweise Isolierband an einen Stuhl gefesselt und mit einem Finger weniger. Den haben ihm die Jungspunde zur Illustrierung ihrer Ernsthaftigkeit schon mal abgeschnitten.

Bartolucci trägt es nach dem ersten Schock mit Fassung, spürt, dass er es mit Amateuren zu tun hat und ahnt nach einem Telefongespräch mit seinem Anwalt, dass einer der Männer etwas mit der Entführung der Frau zu tun haben könnte. Mit kleinen Bemerkungen und Andeutungen begínnt er, Zwietracht und Misstrauen zu säen. Zugleich versucht Bartoluccis rechte Hand (Denis Leary im Miese-Laune-Modus), seinen Chef zu finden. Dabei sitzt er oft im Auto mit seinem Kompagnon und verstrickt sich mit ihm in scheinbar endlose (und etwas bemüht cool klingende) Dialoge über das Für und Wider von edlem, aber wahnwitzig teurem Schuhwerk. Das sind die Dialoge von John Travolta und Samuel L. Jackson in „Pulp Fiction“ nicht weit weg – ebenso wie Scorsese: Der Film bietet zwei Kleingangster auf, die durchgedrehter sind als alle Mafiosi, die Joe Pesci bei Scorsese gespielt hat.

Ressourcenverschwendung?

Lässt man sich von solchen Momenten, die so wirken, als wolle der Film nochmal darauf aufmerksam machen, wie cool und hip er ist, nicht stören – dann hat man einen kleinen fiesen Thriller vor sich. Seine stärksten Momente hat er, wenn er sich auf den Schauplatz der Entführung beschränkt, dann funktioniert er als böses Kammerspiel, in dem die Kamera (Christopher Baffa) die Täter lauernd umkreist und immer wieder auf Walken ruht. Die Idee, einen Schauspieler von körperlicher Grazie wie ihn (mit Tanzausbildung) den Großteil des Films an einen Stuhl zu fesseln, hat schon bizarren Witz – oder ist das Ressourcenverschwendung? In jedem Fall ist es eine Freude, Walken zuzuschauen, wie er zwischen dem Unglauben schwankt, von solchen Stümpern entführt worden zu sein, und dem Grübeln über eine Strategie, wie er das Ganze überleben – und sich später rächen könnte.

Erschienen auf Bluray bei Turbine.
Extras: Trailer, Film/Storyboard-Vergleiche, Audiokommentar, alternativen Enden und neu geführte Interviews. Besonders munter ist das Gespräch zwischen Drehbuchautor Wayne Allan Rice und Regisseur Peter O‘Fallon, die sich gerne gegenseitig unterbrechen und gestehen, dass sie Oscar-Preisträger Walken wohl auch deshalb für ihren kleinen Film vor die Kamera bekamen, weil Walken gerade einige Flops hinter sich hatte.

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