Das Album „Storm Damage“ von Ben Watt Und nach der Nacht, da kommt die Sonne wieder

Saarbrücken · Der Londoner Ben Watt, einst eine Hälfte des Duos Everything but the Girl, legt mit „Storm Damage“ ein herzerwärmendes Pop-Album vor.

 Der umtriebige Ben Watt (57) ist  Musiker, Autor, Radiomoderator und Label-Betreiber.

Der umtriebige Ben Watt (57) ist Musiker, Autor, Radiomoderator und Label-Betreiber.

Foto: ©Antonio Olmos/Antonio Olmos

Bescheidenheit ist eine Zier. Ben Watt hätte die Perlen auf diesem Album natürlich stärker aufpolieren können, im Studio bunter inszenieren – doch lieber scheint ihm eine gewisse Zurückhaltung zu sein, die Arrangements wirken eher nüchtern denn opulent, so dass die Schönheit von „Storm Damage“ eher beim dritten denn beim ersten oder zweiten Hören deutlich wird. Watts Name ist weniger bekannt als das seines Duos Everything but the Girl: Mit seiner Ehefrau Tracey Thorn nahm der Londoner einst melancholischen Edelpop auf und feierte mit „Missing“ gar einen internationalen Hit. Seitdem ist Watt produktiv als Musiker, DJ, Radiomoderator/produzent, Inhaber seines Plattenlabels Unmade Road und Buchautor – unter anderem schrieb er über die Ehe seiner Eltern.

„Storm Damage“ ist sein drittes Solo-Album in rascher Folge (2014, 2016, 2020, wobei Watts erstes Album schon 37 Jahre alt ist). Entstanden in einer Zeit persönlicher Tiefschläge, Todesfälle in der Familie und der Brexit-Turbulenzen, sind die zehn Stücke melancholisch getönt; aber immer wieder klart sich die Stimmung auf, als wolle der 57-Jährige dann doch Hoffnung stiften.

In kleiner Besetzung ist das Album eingespielt – Klavier, Kontrabass und Schlagzeug bilden die Basis, ab uns zu huschen Keyboards durchs Klangbild. Watts Stimme klingt dabei klar, nicht überemotional und lässt manchmal an den späten John Lennon denken – wobei das Stück „Summer Ghosts“ auch ein wenig an Lennons „Working class hero“ erinnert. Durchhänger gibt es keine, auch wenn das Album nur in einem Moment kurz schwächelt, wenn Watt in „Retread to find“ in einem Anfall von Poppigkeit im Refrain zum Mitklatschen auffordert. Aber sonst? Singer-Songwriter-Noblesse, die sich oft mit dem Vergehen beschäftigt, mit Veränderung und Abschieden: ob in der zarten Ballade „Irene“ voller Erinnerungen an lange zurückliegende Nächte in einem Musikclub oder im melancholischen „You‘ve changed, I‘ve changed“, in dem es, man kann es zumindest mutmaßen, auch um die Beziehung zu seiner Gattin geht. Mit ihr ist er fast schon seit 40 Jahren zusammen – eine lange Zeit, in der sich eben jeder auch verändert, möglicherweise nicht immer in die gleiche Richtung wie der andere, was aber nichts Schlechtes sein muss.

Schlusspunkt des Albums ist „Festival Song“ (mit traumhafter Melodie), eine Erinnerung an eine durchtanzte Nacht am Strand mit vielen Menschen, mit schnell gefundenen Freundinnen und Freunden – Watt konnte es beim Aufnehmen des Stücks im vergangenen Jahr nicht ahnen, wie wehmütig und schmerzhaft es zurzeit klingen mag. Aber es werden ja wieder bessere Zeiten kommen. Oder wie es in einem Stück von Watt so schlicht wie ermutigend heißt: „Sunlight follows the night“.

Ben Watt: Storm Damage.
(Unmade Road/Caroline International).

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