Stiftungs-Museen im Abwärtstrend Die große Pause am Saarbrücker Schlossplatz

Saarbrücken · Besucher-Einbruch 2018: Die Stiftung Saarländischer Kulturbesitz entwickelt neue Konzepte für ihre historischen Museen.

 Wer kennt die Einzigartigkeit der Römischen Villa Nennig? Sie gehört zur Stiftung Kulturbesitz, die jetzt in die bessere Vermarktung des  bedeutendsten römischen Mosaikfussbodens nördlich der Alpen investiert.

Wer kennt die Einzigartigkeit der Römischen Villa Nennig? Sie gehört zur Stiftung Kulturbesitz, die jetzt in die bessere Vermarktung des  bedeutendsten römischen Mosaikfussbodens nördlich der Alpen investiert.

Foto: Ruppenthal

Sie sind die offene Flanke des Museums-Chefs: die historischen Sammlungen und Häuser der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz. Um dies zu erkennen, brauchte es nicht erst die Jahresstatistik 2018, die erdrutschartige Besucherverluste dokumentiert. „Wir wollen jetzt wieder mehr tun für die historischen Museen“, sagt Vorstand Roland Mönig, also für das Museum für Vor- und Frühgeschichte, die Römische Villa/Mosaik in Nennig, die Alte Sammlung und für das Zeitungsmuseum in Wadgassen. Dessen Sitz fernab der Saarbrücker Laufkundschaft gilt seit der Eröffnung 2004 als suboptimal. Und nun ist auch noch die nie geliftete Dauerausstellung ein Dauer-Brennpunkt. Über Jahre glichen Sonderausstellungen wie „König Fußball“ offensichtlich den Attraktivitätsverlust aus. Doch 2018 kamen nur noch 7339 Besucher, vor acht Jahren waren es noch dreimal mehr, bis zu 25 000. Auch in der Römischen Villa Nennig schrumpfte die Zahl im selben Zeitraum um 10 000 Besucher auf rund 15 000, und am Schlossplatz verbuchte man sogar einen 85-prozentigen Rückgang. Nur noch 5500 Menschen lösten ein Ticket für das Museum für Vor- und Frühgeschichte und die Alte Sammlung. Einst waren es 42 000.

 Mönig redet diesen Befund weder schön noch klein, obwohl er den Absturz relativieren kann. Denn bis 2012 wurde am Schlossplatz kein Eintritt erhoben, was zu Kurzvisiten etwa bei Stadtführungen einlud. Zudem führte eine neue Zählweise in allen Häusern zu massiven Korrekturen nach unten (die SZ berichtete). Trotzdem muss laut Mönig „Vieles neu gedacht werden“. Für alle historischen Museen gibt es einen Maßnahmen-Katalog. Das Hauptaugenmerk liegt zunächst auf dem Ausgrabungsort Perl/Nennig, eigentlich ein Filetstück des Tourismus, weil einzigartig nördlich der Alpen. Dort soll nun endlich ein zeitgemäßes Informationssystem geschaffen werden. „Das Mosaik ist aus dem Fokus insbesondere der Schulen verschwunden“, stellt Mönig fest. Geplant ist eine enge Kooperation und ein gemeinsames Ticketing mit der Villa Borg am selben Ort, die nach wie vor Quoten von über 40 000 Besuchern hat.

Am Saarbrücker Schlossplatz wird die Stiftung „personell aufstocken“, erklärt Mönig, und ebenfalls „noch stärker an der Vermittlung arbeiten“. Geplant ist, dass die Alte Sammlung ihre Exponate in diesem Frühjahr „in neuen Konstellationen“ zeigt, im nächsten Schritt soll das Museum für Vor- und Frühgeschichte mehr „Erlebnischarakter“ gewinnen. „Die Dauerausstellung dort ist mir zu pur, sie muss erzählerischer werden“, sagt Mönig. Mit diesem Auftrag hat er den neuen jungen Sammlungsleiter Thomas Martin betraut. Vom personellen Neustart erhofft sich Mönig viel. Martin habe als Kurator der „Grand Tour“-Ausstellung 2017 einen innovativen Weg eingeschlagen, nämlich die Sammlungsbestände beider Häuser zu verzahnen.

Doch zunächst ist mal Pause: 2019 wird es in der Alten Sammlung wie auch im Museum für Vor- und Frühgeschichte keine einzige Sonderausstellung geben – eine Radikal-Diät, für die Mönig keine Etat-Engpässe ins Feld führt. Er hofft vielmehr, durch eine Gesamt-Attraktivierung zu einer höheren Akzeptanz zurück zu finden. Am Schlossplatz soll sich zudem die Kooperation mit dem Historischen Museum Saar intensivieren. Das gehört nicht zur Stiftung und meldet seit zwei Jahren Besucher-Zuwächse. Das Interesse an historischen Themen lässt demzufolge nicht generell nach. Diese Beobachtung stützen auch die stabil gebliebenen Besucherzahlen in der Saarbrücker Schlosskirche, zu der man freien Eintritt hat: Es waren 35 000.

 Also hausgemachte Besucherprobleme? Woran krankt die „Museumsmeile am Schloss“? Vor etwa zehn Jahren galt sie als Teil eines großen kulturpolitischen Wurfes, weil erstmals durch die Zusammenführung der Stiftungssammlungen unter ein Dach ein chronologischer regionalhistorischer Rundgang von der Frühzeit bis ins 18. Jahrhundert möglich wurde. Doch angesichts der aktuellen Zahlen ist fraglich, ob sich die Strukturreform, die kein großes historisches Landesmuseum schuf, bewährt hat. Die Neuordnung blieb 2009 bei Halbheiten stecken, nicht gewagt wurde die Zusammenlegung mit dem Historischen Museum Saar, auch nicht der Umzug des Zeitungsmuseums nach Saarbrücken.

Muss man die Uhr jetzt zurückdrehen? Roland Mönig sieht in einer Reform der einstigen Museumsmeilen-Reform nicht die Lösung aller Probleme. Außerdem verweist er darauf, dass ein räumlicher oder konzeptioneller Neuzuschnitt der Häuser nicht allein stiftungsintern erfolgen könne, sondern auch politisch – also durch die Landesregierung – gestützt und begleitet werden müsse. „In der Stiftung gehen wir jetzt in Abstimmung mit unseren Gremien pragmatische Schritte“, hält der Chef der vielen Häuser fest. Doch ohne pfiffige Werbe-Ideen und eine laute Veranstaltungs-Begleitmusik bleiben die womöglich unbemerkt.

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